Mit dem Wachstumschancengesetz wurde Regelung des § 34a EStG reformiert. Die Finanzverwaltung hat sich jüngst positioniert und mit BMF-Schreiben vom 13. März 2025 ein (neues) Anwendungsschreiben veröffentlicht. Stephan Scheffold und Tobias Stiegler kritisieren in einem DStR-Beitrag (DStR 26/2025, S. 1433) die verwaltungsseitige Auslegung der Ermittlung des begünstigungsfähigen Gewinns und gehen im Weiteren auf mögliche vorteilhafte Anwendungsfälle der Thesaurierungsbegünstigung ein.

Überblick über die Vorschrift

Gewinne aus Personenunternehmen (Einzelunternehmen und Personengesellschaften) unterliegen durch Zuordnung zur natürlichen Person unmittelbar der Einkommensteuerbelastung bis zu 45% zzgl. Solidaritätszuschlag, also bis zu rund 47,5% (Transparenzprinzip). Mit Einführung der Thesaurierungsbegünstigung vor über 15 Jahren wollte sich der Gesetzgeber unter anderem bei der Steuerbelastung für thesaurierende Personenunternehmen an thesaurierende Kapitalgesellschaften annähern. Auf Antrag bekommt seither der Steuerpflichtigen einen ermäßigten Steuersatz auf nicht entnommene Gewinne 28,25% („Sondertarif“) anstelle des progressiven Einkommensteuertarifs. Die Anwendung der Thesaurierungsbesteuerung führt zur Feststellung eines sog. nachversteuerungspflichten Betrages, der bspw. bei Überentnahmen in den Folgejahren einer weiteren Nachversteuerung mit 25% zugeführt wird.

Kritik und (ehemals) geringer Anwendungsbereich der Vorschrift

In der bisherigen Fassung nutzten bislang nur Steuerpflichtige diese komplexe Vorschrift, obgleich häufig erfolgreich (familien)geführte Personengesellschaften ihre Gewinne zur internen Finanzierung und Entwicklung ihrer Geschäftstätigkeit nicht entnehmen. Wesentliche Kritikpunkte an der Thesaurierungsbegünstigung waren, dass nicht abziehbare Betriebsausgaben ausgeschlossen waren, insbesondere der Sondertarif nicht auf den mit Gewerbesteuer belasteten Teil des Gewinns an-wendbar war und zudem die Steuerbelastung durch notwendige Steuerentnahmen anstieg. Die Gesamtsteuerbelastung eines Personenunternehmers bei voller Thesaurierung der Gewinne war letztlich effektiv höher als vom Gesetzgeber angenommen, nämlich nicht 29,83%, sondern bis zu 36,16 %. Diese und weitere Nachteile arbeitete die Stiftung Familienunternehmen umfassend aus und bescheinigte, dass die Nachteile der Regelung letztlich so gravierend sind, dass selbst für Unternehmen, für den diese Regelung geschaffen wurde, wenig attraktiv ist.

Die Reform der Thesaurierungsbegünstigung

In der Neufassung des § 34a EStG idF. des Wachstumschancengesetzes wurde ein wesentlicher Kritikpunkt beseitigt und der begünstigungsfähige Gewinn, auf den der Sondertarif angewendet werden kann, um die gezahlte Gewerbesteuer sowie um die entnommenen Beträge zur Zahlung der Einkommensteuer erweitert. Erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2024 kann der Steuerpflichtige bei der Ermittlung des begünstigungsfähigen Gewinns den Gewerbesteueraufwand nicht mehr dem individuellen – häufig hohen –Einkommensteuersatz, sondern dem begünstigten Sondertarif zuführen. Gleiches gilt auch für die anteilige Einkommensteuer und des darauf entfallenden Solidaritätszuschlages.

Folglich steht den Steuerpflichtigen ab dem Veranlagungszeitraum 2024 ein höheres Thesaurierungsvo-lumen für die Anwendung des § 34a EStG zur Verfügung. Werden lediglich Entnahmen bis zur Höhe der Thesaurierungssteuer inkl. SolZ getätigt und liegen keine weiteren außerbilanziellen Hinzurechnungen vor, soll in der neuen Fassung des § 34a EStG grundsätzlich der gesamte (Steuerbilanz-)Gewinn für den Sondertarif von 28,25% zzgl. SolZ zur Verfügung stehen. Im Ergebnis verbessert sich die Gesamtsteu-erbelastung von thesaurierenden Personenunternehmen deutlich und die Steuersatzunterschiede zwi-schen thesaurierenden Personenunternehmen und thesaurierenden Kapitalgesellschaften können reduziert werden (Verbesserung vor dem Hintergrund der Rechtsformneutralität).

Praxisaspekte, die Scheffold/Stiegler in einem Fachbeitrag aufgreifen

Nachfolgende wesentliche Aspekte arbeiten Scheffold/Stiegler ua. in einem Fachbeitrag heraus, die jeder erfolgreiche Personenunternehmer im Rahmen seiner Steuererklärungen ab VZ 2024 beachten sollte:

  1. Entgegen dem Gesetzeswortlaut und -begründung des Gesetzgebers, wonach Entnahmen für die Zahlung der anteiligen Einkommensteuer bei der Ermittlung des positiven Entnahmesaldos außer Ansatz bleiben sollen, berücksichtigt die Finanzverwaltung in ihrem og Anwendungsschreiben zunächst sämtliche Entnahmen. Erst in einem zweiten Berechnungsschritt werden die Entnahmen für die Zahlung der Thesaurierungssteuer abgezogen. Im Ergebnis führt die Finanzverwaltung eine Berechnung des nicht entnommenen Gewinns ohne Interpolation durch. Diese Berechnungsweise ist zweifelhaft und wird im Beitrag entsprechend kritisiert.
  2. Im Weiteren zeigen Scheffold/Stiegler, dass die Steuerbelastung von Personenunternehmen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung noch günstiger im Vergleich zur Kapitalgesellschaft sein kann. Aufgrund der Gewerbesteueranrechnung bei der Einkommensteuer ergibt sich nämlich ein Liquiditätszuwachs auf privater Ebene, da der Steuer-pflichtige die anteilige Einkommensteuer vollständig begünstigt besteuert entnehmen darf, gleichzeitig aber aufgrund der Gewerbesteueranrechnung nur ein Teil dieser Einkommensteuer tatsächlich an das Finanzamt entrichten. Der so gewonnene tatsächliche Liquiditätszuwachs auf privater Ebene löst keine sofortige Nachversteuerung aus. Sie zeigen daher, dass für eine angemessene Vergleichbarkeit von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften eine Netto-Dividendenausschüttung in Höhe dieses Liquiditätszuwachses auf privater Ebene (dh in Höhe der Gewerbesteueranrechnung) bei der Ermittlung der Steuerbelastung für die Kapitalgesellschaft berücksichtigt werden muss .

Die Autoren besprechen in ihrem Beitrag weitere Aspekte bei der Ermittlung des nachversteuerpflichtigen Betrag und der Verwendungsreihenfolge bei der Nachversteuerung. Bedauerlich ist, dass ein noch im Referentenentwurf des BMF, das damals noch von der FDP geführt wurde, vorgesehener nachversteuerungsfreier Entnahmebetrag nicht eingeführt wurde. Daher führt die Entnahme von steuerfreien Gewinnen aus Vorjahren oder die Entnahme von tarifbesteuerten thesaurierten Gewinnen (sog. Altrücklagen) weiterhin zu einer Nachversteuerung. Mit der geplanten Maßnahme wäre die Eigenkapitalbildung vereinfacht und das Unternehmen wirtschaftlich gestärkt worden, da die verbesserte Verwendungsreihenfolge (steuerfreie Gewinne und Altrücklagen vor nachversteuerungspflichtigen Gewinnen) deutlich später zu einer Nachversteuerung geführt hätte.

Fazit für Personenunternehmer

Die Thesaurierungsbesteuerung des § 34a EStG bleibt auch nach der Reform durch eine komplexe und beratungsintensive Vorschrift. Sie sollte dennoch einen größeren Anwendungsbereich innerhalb transparent besteuerter Unternehmen erfahren, da insbesondere profitable Personenunternehmen, die ihre Gewinne reinvestieren, über eine künftige Anwendung nachdenken sollten. Durch eine Überwachung und ggf. steuerliche Ausnutzung von Entnahmen können Steuerpflichtige von einem Steuerstundungseffekt profitieren, wenngleich die bekannten Nachversteuerungsnachteile und damit einhergehende Umstrukturierungshemmnisse erhalten bleiben.

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