Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 03.12.2024 entschieden, dass die die Ausnahme von der Zurechnungsbesteuerung nach § 15 AStG auch auf ausländische Stiftungen in Drittstaaten gelten muss. Die bisherige Beschränkung der Ausnahme auf Stiftungen mit Geschäftsleitung oder Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens verstößt gegen die Kapitalverkehrsfreiheit.
Hintergrund der Zurechnungsbesteuerung für ausländische Stiftungen
Das Vermögen inländischer (Familien-)Stiftungen unterliegt alle 30 Jahre der Erbersatzsteuer. Für ausländische (Familien-)Stiftungen greift die Erbersatzsteuer nicht. Auch aus diesem Grund sind ausländische (Familien-)Stiftungen beliebte Instrumente in der Vermögensstrukturierung. Darüber hinaus sind aufgrund der internationalen Mobilität immer wieder Begünstigte einer ausländischen (Familien-)Stiftung bzw. eines (Familien)-Trusts in Deutschland ansässig.
Aufgrund der Zurechnungsbesteuerung schirmen lediglich (Familien-)Stiftungen im EU-/EWR-Ausland für Zwecke der laufenden Ertragsbesteuerung ab, sofern die Begünstigen nachweisen können, dass sie u.a. nicht in die Stiftung hineinregieren und zudem mit der Jurisdiktion eine große Auskunftsklausel vereinbart ist.
Für (Familien-)Stiftungen im Drittland hat die Finanzverwaltung bisher eine Abschirmwirkung in allen Fällen abgelehnt. Folglich waren die Einkünfte der Stiftung/ des Trusts den in Deutschland lebenden Begünstigten im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung voll zuzurechnen.
Sachverhalt der BFH-Entscheidung
Eine Stifterin ordnete testamentarisch die Errichtung einer Stiftung an. Nach deren Errichtung infolge des Todes der Stifterin wurde die Familienstiftung (Z-Stiftung) nach dem Recht der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Schweiz) errichtet. Sitz der Stiftung ist in der Schweiz. Destinatäre der Familienstiftung sind die in Deutschland lebenden Begünstigten bzw. Feststellungsbeteiligten (Kläger). Nach dem Stiftungsstatut entscheidet der Stiftungsrat über die Verwendung des Stiftungskapitals und der Erträgnisse nach freiem Ermessen. Den Destinatären stehen keine klagbaren Ansprüche gegen die Familienstiftung zu. Der Rechtsweg ist daher ausgeschlossen, solange den Destinatären ein Beschluss des Stiftungsrats über eine Zuwendung nicht schriftlich mitgeteilt worden ist. Der Stiftungsrat ist das für die Organisation der Stiftungsgeschäfte zuständige Organ.
Das Finanzamt hatte den Klägern unter Berufung auf das Außensteuergesetz (AStG) die Einkünfte der Schweizer Familienstiftung zugerechnet. Die Kläger hatten daher das Einkommen beziehungsweise die Einkünfte der Schweizer Familienstiftung zu versteuern, obwohl sie keine Ausschüttungen von dieser erhalten hatten. Eine Ausnahme von der Zurechnung versagte das Finanzamt, da diese nach dem AStG nur für Familienstiftungen mit Geschäftsleitung oder Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens gilt.
Die Entscheidung des BFH
Der BFH hat den Klägern nun Recht gegeben. Die Kapitalverkehrsfreiheit gilt auch für Drittstaatensachverhalte und gebietet eine Anwendung der Ausnahme von der Zurechnungsbesteuerung auch für Familienstiftungen mit Geschäftsleitung oder Sitz in einem Drittstaat.
Bewertung
Für die Praxis hat diese Entscheidung eine weitreichende Bedeutung, da im anglo-amerikanischen Raum Stiftungen/Trusts zBsp. nach US-Recht sehr beliebt sind. Etwaige in Deutschland ansässige Begünstigte waren bisher einem steuerlichen Risiko und einer echten dry-income-tax ausgesetzt. Künftig können somit auch solche Begünstigte zBsp. aus einem discretionary-US-Trust sich auf die Ausnahme von der Zurechnungsbesteuerung nach § 15 Abs. 6 AStG berufen. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Finanzverwaltung nach dieser Entscheidung positioniert.
Praxishinweis
Auch wenn die in Deutschland lebenden Begünstigten sich (nun vermehrt) auf die Ausnahme von der Zurechnungsbesteuerung (nach § 15 Abs. 6 AStG) berufen, sind Steuererklärungspflichten zu beachten.
Ihr TAXGATE Team unterstützt vermögende Privatpersonen und Familienunternehmen bei der bei komplexen steuerlichen Fragen und vertritt ihre Interessen gegenüber der Finanzverwaltung. Dr. Tobias Stiegler, Patrick Bubeck und Stephan Scheffold betreuen diverse Fälle im deutschen Außensteuerrecht und sind Steuerberater bei der auf Transaktionen, Investments und Tax Compliance spezialisierten Steuerkanzlei TAXGATE.