Historischer Grund
Die Zinsschranke wurde vom Gesetzgeber zur Sicherung des inländischen Steuersubstrats und der Vermeidung von missbräuchlichen Steuergestaltungen eingeführt. Mit dieser Regelung sollte insbesondere verhindert werden, dass Konzerne mittels grenzüberschreitender konzerninterner Fremdkapitalfinanzierung allein aus Gründen der Steueroptimierung deutsches Steuersubstrat ins Ausland überführen, um so eine günstige Gesamtsteuerbelastung zu erreichen (BT-Drs. 16/4841, 31). Mit der Einführung der Zinsschranke sollte jegliche Art der Fremdfinanzierung erfasst werden.
Begriff
Hinter dem Begriff der »Zinsschranke« verbergen sich zwei Vorschriften zum Betriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen: Eine grundlegende Vorschrift, die auf sämtliche Gewerbebetriebe anwendbar ist (§ 4h EStG), und eine ergänzende Vorschrift, die für Kapitalgesellschaften Besonderheiten vorsieht (§ 8a KStG n.F.).
Die Grundregel und ihre Ausnahmen ab 2024
Die Zinsaufwendungen eines Unternehmens sind im Rahmen der Zinsschranke grundsätzlich bis zur Höhe der Zinserträge desselben Betriebs und desselben Wirtschaftsjahrs sofort steuerlich abzugsfähig. Darüber hinausgehende Zinsaufwendungen (sogenannter „Schuldzinsenüberhang“) sind iHv. 30 % des verrechenbaren EBITDA abzugsfähig. Die Grundregel sieht drei Ausnahmen vor:
- Der Betrag der Zinsaufwendungen, soweit er den Betrag der Zinserträge übersteigt, beträgt weniger als 3 Mio. EUR („Freigrenze“)
- der Betrieb keiner Person iSd § 1 Abs. 2 AStG nahesteht und keine ausländische Betriebsstätte verfügt („Stand-alone-Klausel“), oder
- der Betrieb gehört zu einem Konzern und seine Eigenkapitalquote ist am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtags gleich hoch oder höher als die des Konzerns („Escape-Klausel“).
Die Freigrenze
Die bisher für die Praxis bedeutendste Ausnahme der Freigrenze kommt in der Regel nur noch kleinen Unternehmen zugute. Mittelständische Unternehmen können auf Grundlage des neuen Zinsumfeldes schnell über die Freigrenze von 3 Mio. EUR kommen. Das Überschreiten der Freigrenze hat zur Folge, dass die gesamten Zinsaufwendungen, soweit sie die Zinserträge übersteigen, der Zinsschranke unterliegen.
Die Stand-alone-Klausel – Neue Definition der Konzernzugehörigkeit
Vor 2024 war es ausreichend, dass der Betrieb nicht oder nur anteilig zu einem Konzern angehört, um die Stand-alone-Klausel in Anspruch zu nehmen. Durch die Verschärfung ab 2024 scheidet Stand-alone-Klausel scheidet bereits aus, wenn zumindest ein Gesellschafter mit einer mittelbaren oder unmittelbaren Beteiligung von mindestens 25% an der Gesellschaft beteiligt ist. Damit sollen laut Gesetzesbegründung, Finanzierungsgestaltungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem Anteilseigner verhindert werden. Bis dahin wurde oftmals durch Bildung eines Organkreises die stand-alone Klausel erfüllt, da durch die Fiktion des Organkreises als ein Betrieb eine Konzernzugehörigkeit ausgeschlossen werden konnte. Durch die Neuregelung werden daher diese Unternehmen in die Zinsschranke einbezogen, während sie nach bisherigem Recht hiervon als nicht konzernangehörig ausgeschlossen waren.
Escape Klausel
Die Zinsschranke kommt weiterhin nicht zur Anwendung, wenn der Betrieb zu einem Konzern gehört, aber nachgewiesen werden kann, dass die Eigenkapitalquote des Betriebs am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtags um nicht mehr als 2 % unter der Eigenkapitalquote des Konzerns liegt. Im Falle von Kapitalgesellschaften ist zudem das Vorliegen einer Gesellschafter-Fremdfinanzierung nach § 8a Abs. 3 KStG auszuschließen.
Nach § 4h Abs. 3 Satz 4 EstG soll ein Betrieb nur noch dann zu einem Konzern gehören, wenn er nach dem für die Anwendung des Abs. 2 Satz 1 Buchst. c zugrunde gelegten Rechnungslegungsstandard mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert wird. Die bisherige Einbeziehung auch solcher Betriebe, die mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert werden könnten, wird gestrichen.
Kritik und unangemessene Effekte für Konzerne
Konzerngesellschaften können durch die Bildung eines Organkreises (Fiktion des Organkreises als ein Betrieb) die stand-alone-Klausel nicht mehr in Anspruch nehmen, sobald ein Gesellschafter mit mindestens 25% an der den Zinsabzug begehrenden Gesellschaft beteiligt ist. Aufgrund der nunmehr eingetreten Verschärfung wird die Ausnahmeregelung in der Praxis an Bedeutung verlieren.
Die Escape-Klausel als weitere Ausnahme von der Zinsschranke wird trotz der verschärften Zugangsvoraussetzungen eine zentrale Rolle bei dem unbegrenzten Abzug von Zinsaufwendungen spielen. Maßgeblich wird hierbei sein, ob der Betrieb nach den einschlägigen Rechnungslegungsstandards konsolidiert wird und wie sich die EK-Quote im Konzern darstellt. Zur Vermeidung massiver steuerlicher Effekte bei Anwendung der Zinsschranke sind Konzernstrukturen dergestalt anzupassen, dass sie unter die Escape-Klausel fallen. Hierzu gehören auch eine Überprüfung und Anpassung der Finanzierungsstrukturen mitsamt der EK-Quoten.
Unangemessene Auswirkungen ergeben sich für Unternehmensstrukturen, denen die Ausnahmeregelung der stand-alone Klausel verwehrt bleibt und die mangels einer mehrheitlichen Beteiligung keine Konsolidierungsmöglichkeiten haben und folglich auch von der Anwendung der Escape-Klausel ausgeschlossen bleiben (z.B. Beteiligungsverhältnis zwischen 25% und 50%).
Die Regelungen über die Zinsschranke finden auch bei ausschließlich im Inland agierenden Unternehmen Anwendung. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Fremdfinanzierung des Konzerns durch die Gesellschafter erfolgt. Auch bei einer reinen Bankenfinanzierung greift die Zinsschranke ein. Vor dem Hintergrund des aktuellen Zinsumfeldes und der teuren Refinanzierung von Investitionsmaßnahmen können sich zusätzlich vermeidbare Steuerbelastungen für Konzerngesellschaften ergeben.
Ihr TAXGATE Team steht Ihnen für eine proaktive Beratung zur Vermeidung dieser nachteiligen Effekte und für weitere Auskünfte gerne zur Verfügung.