Die Verrechnungspreisdokumentation ist traditionell ein Instrument zur steuerlichen Absicherung multinationaler Unternehmen gegenüber der US-Steuerbehörde IRS. Mit der Verschärfung der Zollpolitik – insbesondere durch die Einführung der Strafzölle nach Section 232 und Section 301 – gewinnt die Verrechnungspreisdokumentation jedoch zunehmend auch an Bedeutung für die US-Zollbehörde Customs and Border Protection (CBP).
Dieser Beitrag beleuchtet die Schnittstellen zwischen Steuer- und Zollrecht und zeigt, warum wir eine integrierte Dokumentationsstrategie für empfehlenswert halten.
- Zollwert und Verrechnungspreis: Zwei Seiten derselben Medaille
Die CBP verwendet zur Ermittlung des Zollwerts primär die sog. Transaktionswertmethode[1]. Bei verbundenen Unternehmen muss der bei der Einfuhr deklarierte Preis dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. Hier kommt die Verrechnungspreisdokumentation ins Spiel: Sie belegt die Angemessenheit der Preise nach dem Fremdvergleichsgrundsatz und schützt an dieser Stelle vor (i) ertragsteuerlichen Nachforderungen oder (ii) Zollwertanpassungen.
Wichtige Schnittstellen zwischen Zoll und Verrechnungspreis sind:
- Transaktionswert als Zollbasis: Der konzerninterne Preis (= Verrechnungspreis) wird automatisch zur Grundlage bei der Berechnung des Zolls.
- Fremdvergleichsgrundsatz (Arm’s-Length-Prinzip): Die CBP prüft, ob der Zollwert dem marktüblichen Preis und damit dem Fremdvergleich entspricht. An dieser Stelle ist jetzt ein robuster und belastbarer Fremdvergleich erforderlich.
- Zollwertanpassungen: Sind die Lizenzgebühren, Marketingkosten oder True-ups zollrelevant bzw. zollrechtlich korrekt ausgewiesen?
- Strafzölle als Treiber für zollrechtliche Prüfintensität
Seit dem Jahr 2018 wurden zahlreiche Strafzölle eingeführt:
- Section 232 für Stahl und Aluminium
- Section 301 für Produkte aus China.
Diese Maßnahmen haben die Aufmerksamkeit der CBP auf die tatsächliche Zollwertbasis von Importen gelenkt.
Importierende Unternehmen, die ihre Verrechnungspreisdokumentation nicht entsprechend zollkonform aufbereiten, laufen Gefahr, dass
- Zollwertkorrekturen durch die CBP vorgenommen werden,
- Verzögerungen bei der Einfuhrabfertigung entstehen, oder
- Bußgelder und Nachzahlungen bei Audits verhängt werden.
Die CBP nutzt zunehmend Daten aus der Verrechnungspreisdokumentation, um die Angemessenheit des Zollwerts zu prüfen – insbesondere bei Importen aus Hochzollregionen.
- Harmonisierung von Steuer- und Zollprüfungen
IRS und CBP wachsen aktuell enger zusammen und tauschen vermehrt Informationen aus. IT-Tools oder KI befeuern diese Entwicklung zusätzlich. Eine konsistente Verrechnungspreisdokumentation schützt somit doppelt:
- Steuerlich: Gegen Anpassungen von Verrechnungspreisen bzw. EBIT-Margen mit entsprechenden ertragsteuerlichen Folgen
- Zollrechtlich: Gegen Beanstandungen bzw. Korrekturen des Zollwerts.
Besonders relevant im Rahmen einer abgestimmten Dokumentation sind dabei:
- CBP Informed Compliance Publications[2] zur Akzeptanz von Transaktionswerten,
- Verwendung von IRS-Form 5472[3] zur Offenlegung verbundener Transaktionen,
- Nutzung des CBP Reconciliation Program[4] zur nachträglichen Zollwertanpassung,
- Empfehlungen für Unternehmen
Unternehmen sollten zur Reduzierung der og. Risiken folgende Maßnahmen ergreifen:
| Maßnahme | Nutzen |
| Integrierte TP- und Zollstrategie | Vermeidung widersprüchlicher Angaben |
| Zollspezifische Ergänzungen inVerrechnungspreisdokumentation | Berücksichtigung von 19 CFR 152.103 |
| Erstellung von Szenario-Analysen zu Strafzöllen | Frühzeitige Risikobewertung |
| Anträge auf Zollwertanpassungen bei der CBP | Verbindliche Zollwertfestlegung |
| Regelmäßige/jährliche Updates derVerrechnungspreisdokumentation | Anpassung an neue Zollmaßnahmen |
- Take away
Die Relevanz der US-Verrechnungspreisdokumentation für Zollzwecke steigt spürbar. Ein konsistentes und robustes CBP Reconciliation Program wird zum strategischen Schutzschild gegen Strafzölle, intensivere Prüfungen und Strafzahlungen. Gleichzeitig ist sie zur Nutzung des CBP Reconciliation Program erforderlich.
Unternehmen, die frühzeitig eine integrierte Dokumentationsstrategien etablieren, sichern sich nicht nur steuerlich ab, sie vermeiden auch zollrechtliche Überraschungen bzw. eröffnen Anpassungsmöglichkeiten.
- Wie geht es weiter?
Wie Unternehmen, die dem Masterfile/ Local File des OECD-Dokumentationskonzepts folgen, dieses vergleichsweise einfach in eine US-konforme Verrechnungspreisdokumentation überführen können, wird in einem der nächsten Beiträge aufgezeigt.
Ihr Ansprechpartner für Fragen im Bereich Transfer Pricing: Carsten Schmid
[1] Gemäß 19 CFR 152.103: zentrale US-Zollvorschrift zur Ermittlung des Zollwerts auf Basis des „Transaction Value“ (= tatsächlich gezahlter oder zu zahlender Preis für eingeführte Waren).
[2] Offizielle Leitfäden der US-Zollbehörde für Importeure, Pflichten besser zu verstehen und einzuhalten.
[3] IRS-Form 5472: Formular, um Transaktionen mit verb. Unternehmen im Ausland offenzulegen.
[4] CBP Reconciliation Program: (freiwilliges) Verfahren der US-Zollbehörde, mit dem Importeure bestimmte unklare oder vorläufige Angaben bei der Einfuhr später korrigieren können, z.B. Zollwert, Klassifizierung und Ursprungsregeln.