Nach einem Beschluss des OLG vom 30.10.2015 (AZ 2 Ss 63/15 (71/15)) schließt die Kenntnis der einschlägigen Medienberichterstattung über den Ankauf einer „Steuer-CD“ die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige jedenfalls dann aus, wenn auf der CD Daten einer vom Steuerpflichtigen eingeschalteten Bank vorhanden sind und hierüber in den Medien berichtet worden ist.
Grundsätzlich kann derjenige, der Steuern hinterzogen hat, ohne Strafe davon kommen, wenn er „reinen Tisch macht“ und zu allen unverjährten Steuerstraftaten, mindestens jedoch der letzten 10 Jahre, einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt. An diese Selbstanzeige sind jedoch hohe Voraussetzungen geknüpft. Dazu zählt, dass die Tat zum Zeitpunkt der Selbstanzeige noch nicht entdeckt ist und der Täter dies nicht wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit hätte rechnen müssen. Im vom OLG zu entscheidenden Fall hatte die Finanzverwaltung Steuer-Daten auf einer CD zum Jahreswechsel 2011/2012 erworben, worüber in der Presse unter Nennung der Bank berichtet worden war. Im September 2012 erfolgte dann die Selbstanzeige. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Finanzverwaltung die Daten bereits ausgewertet und dem Steuerpflichtigen seine Erträge zugeordnet. Damit musste der Täter nach dem Beschluss des OLG mit der Entdeckung der Tat zumindest rechnen. Es handele sich bei dem Begriff des „Rechnenmüssens“ um eine Beweisregel zu Ungunsten des Täters.
Der Beschluss des OLG stellt eine Abweichung und Verschärfung gegenüber der bisher herrschenden Rechtsauffassung dar. Die bislang herrschende Meinung geht davon aus, dass das „Rechnenmüssen“ erst vorliegt, wenn sich dem Täter die Tatentdeckung hätte aufdrängen müssen. Schließlich gilt im Strafrecht der verfassungsrechtlich verankerte Grundsatz „in dubio pro reo“ („Im Zweifel für den Angeklagten“).
Je mehr in der Presse über den Ankauf von Steuer-CDs berichtet wird, desto enger wird der zeitliche Korridor, in dem eine Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung noch möglich ist. Spätestens sobald der Name der Bank genannt wird, ist nach dem Beschluss des OLG nun keine Selbstanzeige mehr möglich.