Das Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) bringt eine erfreuliche Neuerung für Kapitalanleger: Die Verlustnutzung wird einfacher. Der Gesetzgeber hebt die bisherigen besonderen Verlustverrechnungsbeschränkungen bei Termingeschäften und Verlusten aus Forderungsausfällen im Privatvermögen auf (vgl. BT Drs. 20/13419). Bestehende Verlustvorträge aus diesen Bereichen können nun uneingeschränkt mit allen Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden, was die steuerliche Flexibilität für Kapitalanleger erheblich verbessert. Welche Änderungen bringt das JStG 2024 genau, und was bleibt bestehen?

Hintergrund: Erleichterung der Verlustverrechnung

Bisher unterlagen Verluste aus Termingeschäften und Forderungsausfällen im Rahmen der Abgeltungsteuer strengen Beschränkungen. Diese konnten nur innerhalb spezieller Verlustverrechnungskreise genutzt werden, was die Verlustnutzung für Kapitalanleger einschränkte. Mit dem JStG 2024 werden diese Verlustvorträge zu „guten“ Verlusten: Sie stehen ab sofort für eine uneingeschränkte Verlustverrechnung mit sämtlichen Einkünften aus Kapitalvermögen zur Verfügung (vgl. BT Drs. 20/13419, S. 234). Das bedeutet, dass Kapitalanleger Verluste aus Termingeschäften nun auch mit Dividenden, Zinsen oder anderen Kapitalerträgen verrechnen können, was die steuerliche Belastung im Rahmen der Abgeltungsteuer reduziert.

Große Kritik und Rechtsprechung

Die bisherigen Verlustverrechnungsbeschränkungen hatten in Fachkreisen und unter Kapitalanlegern erhebliche Kritik hervorgerufen. Diese Unzufriedenheit erreichte auch die Gerichte. Der Bundesfinanzhof (BFH) äußerte im Beschluss vom 7. Juni 2024 verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der besonderen Verlustverrechnung bei Termingeschäften. Der BFH hinterfragte, ob die Einschränkung der Verlustnutzung mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist. Zum Stand 28. November 2024 hat das Bundesverfassungsgericht hierzu noch keine abschließende Entscheidung getroffen, doch die Rechtsprechung hat den Gesetzgeber offensichtlich zum Handeln bewegt. Das JStG 2024 nimmt diesen Bedenken Rechnung und schafft die Einschränkungen für Termingeschäfte und Forderungsausfälle ab.

Verlustverrechnungsbeschränkung bei Aktiengeschäften bleibt bestehen

Trotz dieser Erleichterung hat der Gesetzgeber keinen umfassenden Reformschritt gewagt. Die seit dem 1. Januar 2009 bestehende Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktienveräußerungsverluste bleibt bestehen. Diese Regelung, die vielfach als unverständlich und ungerecht kritisiert wird, schränkt die Verlustnutzung bei Kapitalanlegern weiterhin ein. Verluste aus Aktiengeschäften gelten als „schlechte“ Verluste und können nur mit Gewinnen aus anderen Aktiengeschäften verrechnet werden, nicht jedoch mit weiteren Kapitalerträgen wie etwa Zinsen oder Erträgen aus Termingeschäften. Diese Ungleichbehandlung erscheint für Privatanleger kaum nachvollziehbar.

Auch hier hatte der BFH Bedenken geäußert. Bereits 2020 legte er die Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung dem Bundesverfassungsgericht vor (vgl. TXGT-Blog vom 11. Juni 2021). Bis dato liegt jedoch kein Urteil vor, und das JStG 2024 lässt diese Beschränkung unangetastet. Kapitalanleger müssen sich somit weiterhin mit einer eingeschränkten Verlustverrechnung bei Aktien abfinden, was die Abgeltungsteuer in diesem Bereich weniger flexibel macht.

Fazit und Ausblick

Das JStG 2024 markiert einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Verlustnutzung für Kapitalanleger. Die Aufhebung der Verlustverrechnungsbeschränkungen bei Termingeschäften und Forderungsausfällen ist ein überfälliger Fortschritt, der auf die Kritik aus Rechtsprechung und Praxis reagiert. Weiterhin bleibt die Reform unvollständig, da die Beschränkungen bei Aktiengeschäften bestehen. Zum Stand 28. November 2024 ist abzuwarten, ob das Bundesverfassungsgericht die verbleibenden Regelungen kippt und den Gesetzgeber zu weiteren Anpassungen zwingt.

Für Kapitalanleger bedeutet das JStG 2024 eine Chance, bestehende Verlustvorträge effektiver einzusetzen und die Abgeltungsteuer zu optimieren. Eine sorgfältige steuerliche Planung bleibt jedoch essenziell, insbesondere bei gemischten Portfolios mit Aktien und Termingeschäften.

Dr. Tobias Stiegler, Steuer- und Kapitalmarktexperte bei der auf Transaktionen, Investments und Tax Compliance spezialisierten Steuerkanzlei TAXGATE, unterstützt Sie gerne bei der Umsetzung dieser neuen Möglichkeiten.