Die Übertragung von Betriebsvermögen kann unter bestimmten Voraussetzungen von der Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer befreit sein. Diese Begünstigung gilt jedoch nicht für bestimmte Wirtschaftsgüter, die als Verwaltungsvermögen gelten. Dazu zählen auch Grundstücke, die Dritten zur Nutzung überlassen werden, wie es in § 13b Abs. 4 ErbStG geregelt ist. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem Urteil klargestellt, dass ertragsteuerrechtlich gewerbliche Tätigkeiten wie Parkhausbetriebe oder Hotels als steuerschädliches Verwaltungsvermögen einzustufen sind – teilweise entgegen der bisherigen Praxis der Finanzverwaltung. Was bedeutet das für Nachfolgeplanungen? Wir beleuchten den Sachverhalt, die Entscheidung und ihre Auswirkungen.
Grundsatz: Verwaltungsvermögen im Kontext von Schenkung- und Erbschaftsteuer
Nach § 13b Abs. 4 ErbStG wird Verwaltungsvermögen von den steuerlichen Vergünstigungen bei Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer ausgenommen. Hierzu gehört insbesondere die Überlassung von Grundstücken an Dritte, die nicht dem eigentlichen Betriebszweck dienen. Während Betriebsvermögen wie Maschinen oder Produktionsstätten begünstigt sein kann, fällt Verwaltungsvermögen – etwa Immobilien, die vermietet oder verpachtet werden – unter eine andere steuerliche Beurteilung. Der BFH hat mit seinem Urteil vom 28. Februar 2024 die Definition dieses Verwaltungsvermögens präzisiert und damit die Grenzen der Begünstigung verschärft.
Der Sachverhalt: Ein konkretes Beispiel
Ein Steuerpflichtiger erbte als Alleinerbe ein Einzelunternehmen von seinem Vater. Dieses Unternehmen umfasste ein Grundstück, auf dem ein Parkhaus und eine Tankstelle betrieben wurden. In seiner Erklärung zur Feststellung des Betriebsvermögenswerts für Zwecke der Erbschaftsteuer gab der Erbe kein Verwaltungsvermögen an. Er ging davon aus, dass der Parkhausbetrieb als gewerbliche Tätigkeit zu werten sei und somit steuerlich begünstigt werde. Das Finanzamt sah dies anders und stufte den gesamten Wert des Grundstücks mit Parkhaus und Tankstelle als Verwaltungsvermögen ein. Daraufhin kam es zur gerichtlichen Klärung durch den BFH.
Entscheidung des BFH: Parkhäuser und Hotels als Verwaltungsvermögen
Mit seinem Urteil vom 28. Februar 2024 (II R 27/21) entschied der BFH zugunsten des Finanzamts. Das mit dem Parkhaus und der Tankstelle bebaute Grundstück wurde als steuerschädliches Verwaltungsvermögen gemäß § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 1 ErbStG eingestuft. Der Parkhausbetrieb überlässt unstrittig Grundstücksteile Dritten zur Nutzung, was den Kriterien des Verwaltungsvermögens entspricht. Der BFH stellte klar, dass für die Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer nicht relevant ist, ob zusätzliche gewerbliche Leistungen wie Ein- und Ausfahrtkontrollen oder Zahlungsdienstleistungen erbracht werden. Selbst wenn die kurzfristige Parkraumüberlassung ertragsteuerrechtlich als gewerblich gilt, hat dies erbschaftsteuerrechtlich keine Bedeutung.
Der BFH ging noch weiter und schloss Beherbergungsbetriebe wie Hotels, Pensionen oder Campingplätze in diese Beurteilung ein. Auch hier handelt es sich um Verwaltungsvermögen, obwohl die Tätigkeit ertragsteuerrechtlich als originär gewerblich einzustufen ist. Der II. Senat begründete dies damit, dass die steuerliche Begünstigung nur für aktives Betriebsvermögen gedacht sei und nicht für die bloße Nutzungsüberlassung von Grundstücken. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber anderen begünstigten Grundstücksüberlassungen, wie etwa Wohnungsunternehmen, sah der BFH nicht.
Abweichende Auffassung der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung vertritt in den Erbschaftsteuerrichtlinien (R E 13b.13 S. 3 ErbStR) eine abweichende Position. Nach dieser Auffassung führt die Überlassung von Grundstücken nicht zu Verwaltungsvermögen, wenn zusätzlich einheitliche gewerbliche Leistungen angeboten werden und die Tätigkeit ertragsteuerrechtlich als gewerblich gilt. Dies betrifft etwa Hotels oder Campingplätze, bei denen neben der Raumnutzung Dienstleistungen wie Reinigung oder Verpflegung erbracht werden. Zum Stand 29. Juli 2024 hat die Finanzverwaltung ihre Richtlinien jedoch nicht an das BFH-Urteil angepasst. Es bleibt abzuwarten, ob und wann eine Änderung der Erbschaftsteuerrichtlinien erfolgt, um die Rechtsprechung umzusetzen.
Praktische Auswirkungen und Rechtsunsicherheit
Die Entscheidung des BFH hat weitreichende Folgen für die Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer. Unternehmen mit Parkhäusern, Hotels oder ähnlichen Betrieben müssen künftig damit rechnen, dass ihr Grundbesitz als Verwaltungsvermögen eingestuft wird und somit nicht von steuerlichen Vergünstigungen profitiert. Dies erhöht die steuerliche Belastung bei Vermögensübertragungen, etwa im Rahmen von Nachfolgeplanungen. Die abweichende Auffassung der Finanzverwaltung schafft zudem Rechtsunsicherheit, da Steuerpflichtige zwischen den Positionen von BFH und Finanzamt stehen. Solange die Richtlinien nicht angepasst sind, sind Finanzämter zumindest noch an die vorteilhafte Verwaltungsauffassung gebunden.
Ein Beispiel: Ein Familienunternehmen plant, ein Hotel per Schenkung an die nächste Generation zu übergeben. Nach bisheriger Verwaltungspraxis wäre dies steuerlich begünstigt, doch nach dem BFH-Urteil fällt das Hotel als Verwaltungsvermögen unter die Schenkungsteuer. Betroffene sollten solche Entwicklungen frühzeitig berücksichtigen und nicht auf eine gesetzliche Klärung warten.
Fazit und Handlungsempfehlung
Das BFH-Urteil vom 28. Februar 2024 verschärft die Grenzen zwischen begünstigtem Betriebsvermögen und steuerschädlichem Verwaltungsvermögen. Für Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer bedeutet dies eine neue Herausforderung, insbesondere für Betriebe wie Hotels oder Parkhäuser. Zum Stand 29. Juli 2024 bleibt die Diskrepanz zur Verwaltungspraxis bestehen, was die Nachfolgeplanung erschwert. Steuerpflichtige sollten ihre Vermögensstrukturen prüfen und gegebenenfalls rechtzeitig anpassen, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.
Update Reaktion der Finanzverwaltung (19. November 2024)
Die Finanzverwaltung hat mit einem partiellen Nichtanwendungserlass reagiert (Gleich lautender Erlass vom 19. November 2024) und klargestellt, dass Hotelbetriebe weiterhin kein Verwaltungsvermögen darstellen sollen, aber Parkhäuser als schädliches Verwaltungsvermögen zu qualifizieren sind. Weiterhin nicht abschließend geklärt ist die Behandlung von Kunden- und Mitarbeiterparkplätzen.
Sollen in der Praxis Parkhäuser übertragen werden, sollte bei einer Betriebsübertragung während einer vorübergehenden Schließung kein Verwaltungsvermögen vorliegen.
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Stand: Juli 2024 – Änderungen im Gesetzgebungsprozess vorbehalten.