Investmentfondsanleger kommen nach geltender Rechtslage in den Genuss steuerlicher Privilegierungen. Insbesondere mit Fonds, die vor Einführung der Abgeltungsteuer (ab 2009) aufgelegt wurden, können dem Anleger dauerhaft steuerfreie Wertsteigerungen aus Kapitalanlagen vermittelt werden. Wichtig ist hierbei, dass der Fonds durchgehend als „Investmentvermögen“ iSd. InvStG qualifiziert und nicht aus dem Anwendungsbereich des InvStG herausfällt, da dies den dauerhaften Verlust der privilegierten Besteuerung für dieses Fondsvehikel zur Folge hätte. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass sich die Frage, welches Vehikel als Investmentvermögen iSd. InvStG qualifiziert, in den letzten Jahren mehrfach geändert hat und die Anleger grundsätzlich durch Änderungen von Anlagebedingungen und Anlagetätigkeit dazu gezwungen sind, ihre Fondsvehikel anzupassen, um nicht die privilegierte Fondsbesteuerung zu gefährden. Dies stellt sich im Einzelnen wie folgt dar:

  • Bis zum Jahresende 2008 qualifizierte jegliches Vehikel als „Investmentvermögen“, welches nach dem Grundsatz der Risikodiversifizierung in (mehr als drei) qualifizierte Vermögensgegenstände investierte.
  • Mit dem BaFin-Schreiben 14/2008 (WA) vom 22.12.2008 und dem BMF-Schreiben vom 18.08.2009 (InvSt-Erlass) wurden bestimmte Anlagegrenzen für die Qualifikation als Investmentvermögen relevant. So war für die Qualifikation als Investmentfonds zB. die Beachtung einer 20%-igen Höchstgrenze für die Anlage in Unternehmensbeteiligungen maßgeblich. Rn. 297 des InvSt-Erlasses gewährte den Fonds eine Übergangsregelung, um ihre Anlagebedingungen an die neue Rechtslage anzupassen. Diese Übergangsregelung („2008er-Grandfathering“) wurde mehrfach ausgedehnt, zuletzt bis Ende des Geschäftsjahres, das nach dem 22.07.2016 endet (InvSt-Erlass in der Fassung des BMF-Schreibens vom 22. Mai 2014).
  • Mit Inkrafttreten des AIFM-Steueranpassungsgesetzes zum 24.12.2013 wurden die Voraussetzungen dafür, dass ein Investmentvermögen als privilegierter Investmentfonds qualifiziert weiter verschärft (Beachtung der Anlagebedingungen des § 1 Abs. 1b S. 2 InvStG). Der Gesetzgeber gewährt den Fonds auch hier eine Übergangsregelung („2013er-Grandfathering“), um die Anlagebedingungen an die neuen einschränkenden Voraussetzungen anzupassen.  Gem. § 22 Abs. 2 S. 1 InvStG gelten vor dem 21.07.2013 aufgelegte Investmentvermögen bis zum Ablauf des nach dem 22.07.2016 endenden Geschäftsjahres weiterhin als Investmentfonds, auch ohne die Erfüllung des Anforderungskatalogs gem. § 1 Abs. 1b S. 2.

Sowohl das 2008er-Grandfathering als auch das 2013er-Grandfathering würden somit kurzfristig (in 2016 bzw. 2017, je nach Geschäftsjahr) auslaufen. Zwischenzeitlich hat der Gesetzgeber allerdings bereits die nächste Reform des InvStG, die mit einem kompletten Systemwechsel verbunden sein wird, auf den Weg gebracht (vgl. hierzu TAXGATE News vom 25.02.2016, TAXGATE Blog vom 22.01.2016). Die neue Investmentfondsbesteuerung soll (im Wesentlichen ohne Übergangsregelungen) ab 2018 zur Anwendung gelangen. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 InvStG-E soll das 2013er-Grandfathering bis zum Inkrafttreten des neuen InvStG ausgedehnt werden. Würde das Grandfathering nicht ausdehnt, müssten die betroffenen Investmentvermögen im Jahr 2016 oder 2017 umfangreiche Änderungen in ihren Anlagebedingungen und dem Vermögensbestand vornehmen, die dann durch den Wechsel des Besteuerungsregimes zum 01.01.2018 ggf. nicht mehr erforderlich wären. Um unnötigen administrativen Aufwand auf Seiten der Investmentvermögen zu vermeiden, soll daher die bisherige Übergangsregelung bis zum 31.12.2017 verlängert werden. Mit BMF-Schreiben vom 07.04.2016 hat die Finanzverwaltung kürzlich auch das 2008er-Grandfathering bis zum 31.12.2017 ausgedehnt, was sehr zu begrüßen ist.

Fazit: Bei bestehenden Fondstrukturen besteht durch die Ausdehnung der Übergangsregelungen kein akuter Handlungsbedarf in Richtung Anpassung der Anlagebedingungen. Gleichwohl sollten sich Anleger und Fonds zeitnah mit der künftigen Investmentfondsbesteuerung auseinandersetzen, um rechtzeitig Investmentstrukturen anpassen zu können. Ihr TAXGATE-Team hat die Auswirkungen der Reform für betriebliche und private Anleger im Detail analysiert und steht Ihnen bei Fragen in diesem Zusammenhang jederzeit gerne zur Verfügung. Vgl. hierzu auch Elser/Thiede, Der Referentenentwurf zur Reform der Investmentbesteuerung (InvStRefG) – Analyse der Auswirkungen für private und institutionellen Investoren, in: NWB Erben + Vermögen Heft 02/2016, S. 51; Elser, Corporate Asset Management nach der Investmentsteuerreform, CORPORATE FINANCE, Heft 5/2016.

Dr. Thomas Elser ist Steuerberater bei der auf Transaktionen, Investments und Tax Compliance spezialisierten Steuerkanzlei TAXGATE in Stuttgart.