Die jüngsten gesetzlichen Reformen zu Meldepflichten und Informationsaustausch enthielten einerseits selbst steuerstrafrechtliche Regelungen, andererseits ergeben sich Auswirkungen auf das Steuerstrafrecht. Durch Meldungen und Informationsaustausch gewinnt die Finanzverwaltung eine immer bessere Datenlage für die Veranlagung und gegebenenfalls steuerstrafrechtliche Ermittlungen.

Schwere Steuerhinterziehung bei Einsatz von Drittstaat-Gesellschaften

Mit dem Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz vom 23. Juni 2017 erfolgte die Aufnahme der Steuerhinterziehung unter Verwendung einer verdeckten Drittstaat-Gesellschaft in den Katalog der besonders schweren Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 6 AO n. F.). Dadurch ist in solchen Fällen eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr möglich und die Strafverfolgungsverjährung erhöht sich von fünf auf zehn Jahre.

Keine Selbstanzeige bei Tatentdeckung

Im Zusammenspiel von Steuerstrafrecht und Informationsaustausch wird derzeit die Vorschrift des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO diskutiert. Danach ist eine strafbefreiende Selbstanzeige ausgeschlossen, wenn eine Steuerstraftat bereits (teilweise) entdeckt war und der Täter dies wusste oder damit rechnen musste. Nach herrschender Auffassung ist die Tat entdeckt, wenn die Bankunterlagen mit den Steuererklärungen abgeglichen werden und hierbei Differenzen festgestellt werden. Kontrollmitteilungen ohne Abgleich reichen für ein Tatentdeckung nicht aus. Ob der Automatische Informationsaustausch nach OECD zu einer anderen Beurteilung führen kann, ist noch nicht geklärt.

In einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 09.05.2017, 1 StR 265/16) stellte der Bundesgerichtshof (BGH) fest, dass Tatentdecker auch Privatpersonen und ausländische Behörden sein können, falls damit zu rechnen ist, dass diese ihre Kenntnisse an die zuständige Behörde weiterreicht. Bei verschleierten Steuerquellen ist nach diesem Urteil eine Tatentdeckung bereits vor einem Abgleich mit den Steuererklärungen des Steuerpflichtigen denkbar, wenn die Art und Weise der Verschleierung nach kriminalistischer Erfahrung ein signifikantes Indiz für unvollständige oder unrichtige Angaben ist. Angehörige ausländischer Behörden kommen als Tatentdecker in Betracht, wenn der betreffende Staat internationale Rechtshilfe leistet und deren Gewährung auch wahrscheinlich ist.

Nach dem Automatischen Informationsaustausch ist die Behörde eines am Austausch teilnehmenden ausländischen Staates dazu verpflichtet, bestimmte Daten an andere teilnehmende Staaten, wie etwa Deutschland weiterzuleiten, jedoch zu festen Terminen, jährlich zum 30. September. Zumindest bei Kontodaten ist daher mit einer Weiterreichung zu rechnen, so dass die Tat nach der Logik des BGH bereits mit Meldung im Ausland entdeckt wäre. Andererseits wird argumentiert, dass es keine kriminalistische Erfahrung dahingehend gibt, dass es sich bei im Ausland erzielten Kapitalerträgen um nicht deklarierte Einkünfte handelt. Weiterhin wird gegen eine Tatentdeckung durch ausländische Behörden eingewandt, dass ausländische Behörden in der Regel keine für eine Entdeckung erforderliche Fachkenntnis des deutschen Steuerrechts haben.

Neben der Tatentdeckung ist für den Ausschlussgrund des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO erforderlich, dass der Täter von der völligen oder teilweisen Entdeckung der Tat weiß. Nach BGH soll dieser subjektiven Komponente nur eine geringe Bedeutung zukommen (Urteil vom 50.05.2010, 1 StR 577/09). Das Amtsgericht Kiel nimmt sogar an, dass bereits die allgemeine Presse- und Rundfunkberichterstattung über den Ankauf von „Steuer-CDs“ dazu führen kann, dass der Steuerpflichtige damit rechnen muss, dass seine Steuerhinterziehung jedenfalls zum Teil entdeckt ist (Urteil vom 27.11.2014 – 48 Ls 1/14, 48 Ls 545 Js 46477/13).

Zusammenfassung

Das Zusammenspiel aus Meldepflichten und Datenaustausch führt zu einer immer lückenloseren Datenlage für die Finanzverwaltung. Vor diesem Hintergrund ist in Deutschland auch die politische Diskussion weg von der Abgeltungsteuer hin zu einer Regelbesteuerung der Kapitalerträge zu sehen. Für deutsche Steuerpflichtige, die noch nicht erklärte ausländische Einkünfte haben, schließt sich – je nach Staat, in dem die Einkunftsquelle liegt – ab September 2017 das Tor zur strafbefreienden Selbstanzeige. Doch selbst bei Zweifeln in Bezug auf Tatentdeckung und möglichen Risiken kann eine Nachdeklaration noch zweckmäßig sein. In anderen Fällen ist abzuwägen, ob ein bevorstehendes Steuerstrafverfahren in Kauf genommen werden kann bzw. welche Abwehrberatung bereits im Vorfeld bereitgestellt werden kann.

In der Praxis sind die nunmehr versiegenden Selbstanzeigemöglichkeiten häufig dadurch gekennzeichnet, dass für die vollständig und sachgerecht aufbereitete Nacherklärung einfach nicht mehr die Unterlagen und erforderlichen Auskünfte vorliegen und damit bereits der Weg für eine strafbefreiende Selbstanzeige versperrt erscheint. In anderen Fällen ist die gebotene Vollständigkeit oftmals mit der Belastung Dritter bzw. nicht gewollten Aufdeckungen verbunden, so dass ein drohendes Steuerstrafverfahren in Kauf genommen wird; im Gegensatz zur Selbstanzeige muss sich der Steuerpflichtige nicht selbst belasten und kann somit u.U. hoffen, dass durch die Fahndungsmaßnahmen noch nicht alle unverjährten, nicht deklarierten Sachverhalte entdeckt wurden.

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Markus Betz, Steuerberater und Rechtsanwalt, ist Experte für Steuerstrafrecht, insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, im Bereich der Kapitalanlagen sowie Umsatzsteuer. Gleichfalls hat er langjährige Erfahrung im Rahmen von Finanz- und Unternehmenstransaktionen zur Vermeidung von steuerlichen Risiken und steueroptimierten Gestaltungen.