Unter einer Betriebsaufspaltung ist die Aufteilung der Funktionen und der Vermögensbestandteile eines rechtlich und wirtschaftlich einheitlichen Betriebs in zwei Unternehmen, dh. in ein Besitzunternehmen (überlässt ein Wirtschaftsgut, zB. ein Grundstück zur Nutzung) und in ein Betriebsunternehmen (benötigt das Grundstück, um wirtschaftlich tätig sein zu können) zu verstehen. Die Erläuterung der Betriebsaufspaltung und ihre steuerlichen Auswirkungen lassen sich im Gesetzestext nicht unmittelbar finden. Das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung beruht auf Richterrecht im Rahmen einer (weiten) Auslegung des § 15 EStG und hat sich über die Vielzahl von Urteilen über die Jahre hinweg manifestiert.
Voraussetzung für die Betriebsaufspaltung ist, dass zwischen dem Besitz- und Betriebsunternehmen eine enge sachliche und persönliche Verflechtung bestehen muss (st. Rspr. seit BFH GrS 2/71 v. 8.11.71, BStBl II 71, 63; aus jüngerer Zeit zB. BFH X R 45/09 v. 23.3.11, BStBl II 11, 778; zusammenfassend OFD Frankfurt am Main v. 24.11.2009).
Die sachliche Verflechtung setzt voraus, dass Wirtschaftsgüter, die zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebs gehören, bei dem Besitzunternehmen verbleiben und der Betriebsgesellschaft miet- oder pachtweise überlassen werden.
Kennzeichnend für die personelle Verflechtung von zwei rechtlichen selbstständigen Unternehmen ist, dass die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen oder Personengruppen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen ausüben, der auf eine wirtschaftlich einheitliche, gewerbliche Betätigung gerichtet ist; dabei ist grundsätzlich ist die Mehrheit der Stimmrechte maßgeblich.
Vereinfachtes Beispiel:
An der AB-GbR sind die natürlichen Personen A zu 60% und B zu 40% beteiligt. Die AB-GbR ist rein vermögensverwaltend tätig und vermietet ein Grundstück an die A-GmbH. Die A-GmbH benötigt dieses Grundstück um zu produzieren. An der A-GmbH ist A zu 100% beteiligt.
Hier sind die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung vollständig erfüllt: Zum einen wird eine wesentliche Betriebsgrundlage in Form des Grundstücks überlassen (sachliche Verflechtung) zum anderen ist A mehrheitlich an der AB-GbR und an der A-GmbH beteiligt (personelle Verflechtung).
Liegen die sachlichen und personellen Verflechtungen der Betriebsaufspaltung vor, führt dies zu einer Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Einkünfte in gewerbliche Einkünfte (das Grundstück ist somit notwendiges Betriebsvermögen der AB-GbR). Dies kann zu unbeabsichtigten Begründung und Auflösung von Betriebsaufspaltungen (unter Aufdeckung von stillen Reserven) führen, sobald die Voraussetzungen gegeben sind bzw. nicht mehr vorliegen. Insbesondere im Rahmen von Umstrukturierungen, Abschluss oder Beendigung von Miet- und Pachtverträgen sowie im Rahmen von Erbschaften bzw. von vorweggenommenen Erbfolgen können sich hohe Steuerbelastungen ergeben. Diese tückischen Rechtsfolgen werden in der Praxis teilweise noch immer übersehen bzw. werden oftmals keine geeigneten Vorkehrungen zur Vermeidung unerwünschter Steuerbelastungen ohne entsprechende Erhöhung der Liquidität getroffen.
Im Beispielsfall würde dies auf Ebene der AB-GbR bedeuten, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG in gewerbliche Einkünfte nach § 15 EStG umqualifiziert werden und somit auch Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer (GewSt) darstellen; diese Rechtsfolge ist idR. wegen der Anrechnung der GewSt auf die ESt zu verschmerzen. Weniger Beachtung findet dagegen die gleichzeitige – zwar steuerneutral mögliche – Einbringung der GmbH-Anteile in das Betriebsvermögen. Fällt indes später eine Voraussetzung der Betriebsaufspaltung weg, gilt der GmbH-Anteil zum Teilwert als entnommen. Bei gestiegenem Unternehmenswert eine äußerst unangenehme Rechtsfolge („dry income tax“); auch bei mittelbaren Beteiligungen und Holding-Strukturen können solche unbeabsichtigten Belastungen entstehen.
Zu beachten ist des Weiteren, dass bei Vorliegen der Betriebsaufspaltung sämtliche vermögensverwaltende Einkünfte, die über Dritte vereinnahmt werden, „infiziert“ werden und ebenfalls gewerbliche Einkünfte darstellen (Abfärbung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 1 EStG). Mit diesem Absatz hat sich der BFH in seiner jüngeren Rechtsprechung (BFH Urteil v. 12.04.2018 – IV R 5/15) nun näher befasst. Die wesentlichen Punkte des Urteils werden im Folgenden dargelegt:
In dem zu Grunde liegenden Sachverhalt zu og. Urteil sind B und S in gleicher Weise zu je 50% Gesellschafter der BS-GbR als auch der BS-GmbH. Die BS-GbR besitzt zwei Grundstücke und überlässt Büroräume (ca. 6% der Gesamtfläche) unentgeltlich an die BS GmbH (diese führt in den Räumen ihre gewerbliche Tätigkeit aus). Die restlichen Räume sind an fremde Dritte vermietet.
Das Finanzamt sowie das FG Münster kamen zu dem Ergebnis, dass eine Betriebsaufspaltung vorliege, so dass die kompletten Grundstücke (inklusiv der an Dritte vermietete Grundstücke) Betriebsvermögen bei der BS-GbR darstelle. Es lägen folglich ausschließlich gewerbliche Einkünfte vor.
Der BFH führt hingegen in seinem Urteil aus, dass negative Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit nicht zur Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Einkünfte einer GbR führen. Die BS-GbR hat im vorliegenden Fall keine positiven Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit erzielt, da diese die Räume unentgeltlich an die BS GmbH überlassen hat. Eine Abfärbung der übrigen Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Hs. 1 EStG kommt daher nicht in Betracht. Auf Grundlage dieser Rechtsprechung können lediglich positive gewerbliche Einkünfte zu einer Abfärbung von vermögensverwaltenden Einkünften einer GbR führen.
In der Praxis kann basierend auf dem Urteil durch eine Reduzierung der Pachteinnahmen und Verzicht auf Gewinnausschüttungen der Betriebs-GmbH die Chance gesehen werden, eine Abfärbung auf den vermögensverwaltenden Bereich zu vermeiden, soweit aus der Betriebsaufspaltung eben negative gewerbliche Einkünfte erzielt werden.
Allerdings besteht das Risiko in einem bereits vorliegenden Betriebsaufspaltungsfall, dass bei einer Pachtminderung negative steuerliche Auswirkungen durch Aufdeckung von stillen Reserven resultieren können. Befinden sich nämlich im Gesamthandvermögen der Besitz-GbR Vermögensgegenstände, die isoliert betrachtet nicht zu gewerblichen Einkünften führen und lediglich aufgrund der Abfärbtheorie in den Vorjahren zum Gesamthandvermögen zuzuordnen war, können sich Zwangsentnahmen für diesen Teil der Vermögensgegenstände ergeben, soweit die Voraussetzungen des BFH Urteils einschlägig sind.
Bei dauerhafter unentgeltlicher Überlassung von Betriebsgrundlagen, dh. in dauerhaften Verlustsituationen stellt sich die Frage einer Betriebsaufspaltung und/oder Abfärbung nicht. Unklar ist dagegen, wenn in einem Jahr positive und im anderen Jahr negative Einkünfte aus der Überlassung erzielt werden (zB. bei Renovierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen). In solchen Fällen kann bei veranlagungsbezogener Betrachtungsweise in einem Jahr eine Betriebsaufspaltung vorliegen und im Verlustjahr keine. Dies kann für den Steuerpflichtigen zu großen Steuereffekten und Deklarationsanforderungen führen, da sich die Wirtschaftsgüter in einem Jahr im Betriebsvermögen und im nächsten Jahr im Privatvermögen befinden würden.
Das neue BFH Urteil offenbart uU. einen großen Gestaltungsspielraum, kann jedoch auch negative Steuereffekte bedingen. Im Ergebnis ist im Einzelfall genau zu prüfen, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten, um ungewollte Steuereffekte zu vermeiden.
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Patrick Bubeck ist Steuerberater und Partner bei der auf Transaktionen, Investments und Tax Compliance spezialisierten Kanzlei TAXGATE.