Nach einer langen Phase rekordverdächtig niedriger Zinsen ist die Ära des billigen Geldes definitiv vorbei. Der steile Zinsanstieg der vergangenen Monate hat damit auch unmittelbare Konsequenzen für konzerninterne Verrechnungspreise. Wir erwarten, dass konzerninterne Finanzierungstransaktionen stärker in den Fokus von Betriebsprüfungen gelangen.

Welche Bereiche von Finanzierungen sind betroffen?

Das veränderte Zinsniveau kann insbesondere Einfluss haben auf

  1. Konzerninterne Darlehen,
  2. Cash-Pools,
  3. Gestellung von Sicherheiten,
  4. Lieferantendarlehen,
  5. vorzeitige Darlehensrückzahlungen,
  6. Finanzierungsgesellschaften, und
  7. Zinsabzugsbeschränkungen.

Konzerninterne Darlehen

Intercompany Finanzierungen sind nach Fremdvergleichsgrundsätzen marktkonform zu vereinbaren. Die Zentralbanken weltweit haben ihre Referenzzinssätze erhöht, was die Finanzierungskosten grundsätzlich erhöht. Sofern der Zinssatz für ein I/C Darlehen auf einem Referenzzinssatz (z.B. EURIBOR) aufbaut, ist dieser entsprechend anzupassen bzw. bei neuen Verträgen entsprechend zu berücksichtigen.

Gemäß Kapitel 10 der OECD Transfer Pricing Guidelines 2022 ist eine Abgrenzung eines Darlehens als Fremdkapital vs. Eigenkapital erforderlich. Höhere Zinsen führen dazu, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Darlehensrückzahlung auf Seiten des Darlehens-nehmers sinkt bzw. das Ausfallrisiko beim Darlehensgeber steigt. Wir raten zur Analyse und Dokumentation, wonach der Darlehensnehmer weiterhin wirtschaftlich in der Lage ist, das Darlehen zu bedienen. Ansonsten besteht ein Risiko, dass ein Darlehen zu Eigenkapital umqualifiziert und der Zinsausgabenabzug verweigert wird.

Eine durch steigende Finanzierungskosten sinkende Kreditwürdigkeit beim Darlehensnehmer ist ggf. in einem Risikozuschlag auf den Zins abzubilden. Das Kreditrating einer Unter-nehmensgruppe kann sich durch steigende Zinsen verschlechtern. Ein schlechteres Gruppen-rating wirkt sich dann unmittelbar auf verbundene Unternehmen aus, wenn deren individuelles Rating mit dem Konzernrating identisch ist (Rückhalt im Konzern).

Cash-Pool

Im Fall eines Cash-Pools sind die Zinsen für die Bereitstellung bzw. Inanspruchnahme von Mitteln aus dem Cash-Pool von Bedeutung. Vor dem Hintergrund verfügbarer Optionen für den einzelnen Teilnehmer eines Cash-Pools ist zu erörtern, ob die Teilnahme am Cash-Pool tatsächlich die beste Option ist. Je nach Region kann es für den einzelnen Teilnehmer vorteilhafter sein, verfügbare Mittel lokal statt im Cash Pool anzulegen, wenn das lokale Zinsniveau höher ist. Umgekehrt könnte es günstiger sein kurzfristig lokal als über den Cash-Pool zu finanzieren. Hier ist mittels einer Kosten-Nutzen-Analyse zu prüfen, ob es für den einzelnen Teilnehmer tatsächlich von Nutzen ist, Teilnehmer am Cash-Pool zu sein.

Gestellung von Sicherheiten

Steigende Finanzierungskosten bereiten zunehmend Schwierigkeiten einen lokalen Finanzierungsbedarf stand-alone zu decken, d.h. attraktive Konditionen werden nur mittels Sicherheiten von Seiten z.B. der Muttergesellschaft gewährt. Solche Garantien sind unter Fremdvergleichsgesichtspunkten zu analysieren und angemessen zu vergüten.

Lieferantendarlehen

Lieferantendarlehen im Konzern (z.B. mit Vertriebsgesellschaften) sollte auf die vereinbarten Bedingungen und deren tatsächliche Durchführung überprüft und ggf. mit der Vorgehens-weise ggü. externen Kunden abgeglichen werden. In Zeiten von Nullzinsen mag ein unverzinstes Überschreiten von Zahlungszielen als Finanzierungsinstrument von der Finanzverwaltung noch akzeptiert worden sein, vermutlich hat sich dies jetzt geändert.

Vorzeitige Darlehensrückzahlungen

Bei Vorliegen einer vorzeitigen Rückzahlungsvereinbarung kann im Fall eines festen Zins-satzes bei gleichzeitig variabler Refinanzierung beim Darlehensgeber eine Verlustsituation entstehen. Solche Verträge sind auf mögliche Anpassungen zu prüfen.

Finanzierungsgesellschaften

Finanzierungsgesellschaften können in Verlustsituationen geraten, wenn die Zinserlöse aus internen Festzinsvereinbarungen (z.B. Festzins über 3 Jahre) mit verbundenen Darlehensnehmern steigende externe Refinanzierungszinsen nicht mehr decken. Hier besteht das Risiko, dass eine solche Situation von einer Betriebsprüfung aufgegriffen wird.

Zinsabzugsbeschränkungen

Steigende Zinsaufwendungen durch höhere Zinsen führen dazu, dass mehr Darlehens-transaktionen unter lokale Zinsabzugsbeschränkungen fallen (in DE: Zinsschranke gem.       §4h EStG / § 8a KStG).

Take-Away und Empfehlung

Überprüfen Sie bestehende Finanzierungsvereinbarungen auf etwaige Anpassungserfordernisse, schließen Sie vertragliche Lücken und bilden Sie neu abzuschließende Finanzierungstransaktionen auf der Grundlage aktueller Markt- und Kapitalmarktinformationen ab. Ergänzen Sie Ihre Verrechnungspreisdokumentationen sofern Sie durch die aktuellen Zinsentwicklungen Anpassungsrisiken oder Argumentationslücken identifiziert haben.

Transfer Pricing & Friends bietet für die o.g. Themenstellungen einen “Quick Check“ an. Sprechen Sie uns gerne darauf an.

Carsten Schmid

Transfer Pricing & Friends GmbH, Stuttgart

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