Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 25.06.2018 einen Referentenentwurf für ein Jahressteuergesetz 2018 („JStG 2018“) veröffentlicht. Der Gesetzentwurf enthält unter anderem auch wichtige Änderungen im Bereich des internationalen Steuerrechts, der Investmentbesteuerung und der Unternehmensbesteuerung, die wir nachfolgend kurz zusammenfassen:
- Inbound-Investments von Steuerausländern in inländische Immobilien über ausländische Kapitalgesellschaften: Nach geltender Rechtslage sind Steuerausländer mit Gewinnen aus der Veräußerung von mindestens 1%-igen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (§ 17 EStG) in Deutschland steuerpflichtig, wenn es sich bei der Kapitalgesellschaft, um eine Gesellschaft mit Sitz oder Ort der Geschäftsleitung in Deutschland handelt. Der Gesetzgeber will nun auch die Veräußerung von Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften (zB. Luxemburger Holdinggesellschaften in der Rechtsform einer SARL) durch Steuerausländer erfassen, wenn der Anteilswert zu irgendeinem Zeitpunkt während der 365 Tage vor der Veräußerung unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50% auf inländischem unbeweglichem Vermögen beruhte. Von dieser beschränkten Steuerpflicht erfasst werden sollen auch unter 1%-ige Beteiligungen an den derartigen Immobiliengesellschaften. Hierdurch will der deutsche Fiskus ein Besteuerungsrecht wahrnehmen, welches Deutschland in einige Doppelbesteuerungsabkommen (zB. DBA Luxemburg) bereits eingeräumt wurde, von dem Deutschland bislang allerdings nach nationalen Regelungen keinen Gebrauch macht. Die Neuregelung soll erstmals auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen angewendet werden, bei denen die Veräußerung nach dem 31. Dezember 2018 erfolgt ist, jedoch nur soweit den Gewinnen nach dem 31.12.2018 eingetretene Wertveränderungen zugrunde liegen. Bestehende Inbound-Investmentstrukturen in deutsche Immobilien, die im Hinblick auf die Erzielung in Deutschland steuerfreier Anteilsveräußerungsgewinne aufgesetzt worden sind, sollten überprüft werden. Überdies wird eine Anteils- und Immobilienbewertung auf den 31.12.2018 erforderlich, um der angedachten Übergangsregelung Rechnung tragen zu können. Wir werden die Auswirkungen dieser Neuregelung im Rahmen unseres TAXGATE Academy Real Estate Day 2018 analysieren, der am 05. Juli 2018 in unserem Stuttgarter Büro stattfindet.
- Zulässigkeit variabler Ausgleichszahlungen im Rahmen der ertragsteuerlichen Organschaft bei außenstehenden Gesellschaftern: Eine ertragsteuerliche Ergebniskonsolidierung (sog. Organschaft) erfordert, dass auf Grundlage eines Ergebnisabführungsvertrages der gesamte Gewinn der Tochtergesellschaft (Organgesellschaft) an die Muttergesellschaft (Organträger) abgeführt wird. Eine Organschaft kann bereits ab einer mehr als 50%-igen Beteiligung (Stimmrechte) begründet werden; die außenstehenden Gesellschafter erhalten in diesem Fall allerdings meist eine Ausgleichszahlung, bei einer Aktiengesellschaft müssen sie mindestens eine fixe Ausgleichszahlung erhalten. Nach jüngster höchstrichterlicher Rechtsprechung aus 2017 stehen variable Ausgleichszahlungen der Anerkennung einer steuerlichen Organschaft generell entgegen, selbst wenn sie zusätzlich zu einem fixen Ausgleich gewährt werden, wie dies noch in vielen Ergebnisabführungsverträgen geregelt ist. Der Gesetzgeber will nunmehr die Möglichkeit der unschädlichen Vereinbarung variabler Ausgleichszahlungen regeln, wobei diese zusätzlich zu einer fixen Ausgleichszahlung (§ 304 Abs. 2 S. 1 AktG) vereinbart und geleistet werden müssen. Überdies dürfen die Ausgleichszahlungen insgesamt nicht den Gewinnanteil, der dem Außenstehenden ohne Gewinnabführung zugeflossen wäre, überschreiten. Schließlich muss die variable Ausgleichszahlung nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet sein. Die Neuregelung soll zugunsten des Steuerpflichtigen auch für Veranlagungszeiträume vor 2017 anzuwenden sein. Bestehende Ausgleichsregelungen müssen gleichwohl daraufhin überprüft werden, ob sie den Neuregelungen entsprechen. Andernfalls drohen Organschaften rückwirkend zu scheitern, mit hohen Steuernachzahlungen. Anhängige Einspruchs- und insbesondere Klageverfahren mit dieser Problematik müssen unbedingt verzögert und offen gehalten werden, bis die Neuregelung in Kraft getreten ist. Andernfalls kommt es nicht zu der rückwirkenden Begünstigung. Unklar ist derzeit noch, was mit Ergebnisabführungsverträgen geschieht, die nicht genau der geplanten gesetzlichen Neuregelung entsprechen.
- Investmentfondsanlagen durch Organgesellschaften. Seit der Reform des InvStG ab dem 01.01.2018 („InvStG 2018“) kommen Fondsanleger in den Genuss von sogenannten Teilfreistellungen (§ 20 InvStG) auf Ausschüttungen aus Investmentfonds. Die Teilfreistellungssätze unterscheiden sich je nachdem, ob es sich bei dem Anleger um eine Kapitalgesellschaft oder um eine natürliche Person (Betriebsvermögen oder Privatvermögen) handelt. Im Rahmen einer ertragsteuerlichen Organschaft werden die Gewinne der Organgesellschaft (Kapitalgesellschaft) auf Ebene des Organträgers, bzw. falls dieser eine Personengesellschaft ist, auf Ebene der hinter der Organträger-Personengesellschaft stehenden Anleger steuerlich erfasst. § 15 Abs. 2a KStG idF. des JStG 2018 soll sachgerechterweise regeln, dass bei Fondsanlagen durch eine Organgesellschaft die Teilfreistellungen bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft keine Anwendung finden (sog. Bruttomethode), sondern erst bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers. Dieser gilt für Zwecke der Teilfreistellungsberücksichtigung im Wege der Steuerveranlagung (§ 20 Abs. 4 InvStG) als Anleger. Ist der Organträger eine Personengesellschaft, so sind die Freistellungssätze in Abhängigkeit von der Rechtsform seiner Gesellschafter (natürliche Person, Kapitalgesellschaft) zu berücksichtigen. Die Neuregelung soll erstmals für den Veranlagungszeitraum 2019 anzuwenden sein.
- Qualifikation als Aktienfonds im Rahmen des InvStG 2018:
- Bislang war Voraussetzung für die Qualifikation eines Investmentfonds als Aktienfonds, die beim Anleger zu signifikanten Teilfreistellungen auf Ausschüttungen, die sog. Vorabpauschale gem. § 18 InvStG und Gewinne aus der Veräußerung von Fondsanteilen führt (zB. 80% bei steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften als Fondsanleger), dass der Aktienfonds fortlaufend zu mindestens 51% des Aktivvermögens in Kapitalbeteiligungen (zB. Aktien) investiert. Der Gesetzgeber reduziert nunmehr diese Anforderung und verlangt nur noch, dass fortlaufend „mehr als 50%“ des Aktivvermögens in Kapitalbeteiligungen angelegt wird. Die Änderung, die von der Finanzverwaltung bereits für ausländische Investmentfonds im Erlasswege angewandt hat, soll insbesondere der Tatsache Rechnung tragen, dass die Dokumentation ausländischer Investmentfonds häufig nur eine „überwiegende Anlage“ in Aktien vorsehen und zu einer Vereinheitlichung der Rechtsanwendung (d.h. auch für inländische Investmentfonds) beitragen. Darüber hinaus soll auch verhindert werden, dass Anleger die bisherige Erleichterung im Erlasswege nur im Gewinnfall in Anspruch nehmen und im Verlustfall ein Abzug in voller Höhe geltend gemacht wird. Die Neuregelung führt nicht dazu, dass inländische Investmentfonds ihre Anlagebedingungen erneut ändern müssen, da die bisherige Regelung (mindestens 51% Kapitalbeteiligung) die neue Anforderung erst recht erfüllt.
- Zudem wird gesetzgeberisch klargestellt, dass es für die Berechnung der Kapitalbeteiligungsquote nur auf den Wert der vom Investmentfonds gehaltenen Vermögensgegenstände (Aktivvermögen) ankommt und die Verbindlichkeiten des Investmentfonds unberücksichtigt bleiben. Nur bei Fonds, die max. 30% kurzfristige Kredite aufnehmen dürfen (zB. OGAW-Fonds), darf der Nettoinventarwert als Aktivvermögen angesetzt werden.
- Die Neuregelung soll auf Erträge, die dem Anleger nach dem Zeitpunkt der Zuleitung des Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung an den Bundesrat zufließen.
- Erleichterung für Dachfonds bei den Teilfreistellungen: Das InvStG 2018 erhält bislang eine Benachteiligung von Dachfonds, da bei der Ermittlung der Kapitalbeteiligungsquote nach dem Gesetzeswortlaut Anteile an Ziel-Aktienfonds pauschal nur mit 51% des Fondsanteilswertes angesetzt wurden. Ein Dachfonds, der neben einem Ziel-Aktienfonds (100% Aktien) nur zB. noch 10% liquide Mittel hält, würde die Qualifikation als Aktienfonds hiernach nicht erreichen können. Zur Lösung dieser sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung hat die Finanzverwaltung bereits im Erlasswege (BMF v. 14.06.2017) Erleichterungen für Dachfonds angeboten, die nun mit gewissen Abwandlungen gesetzgeberisch kodifiziert werden sollen:
- Tatsächliche bewertungstägliche Kapitalbeteiligungsquote des Zielfonds: Künftig qualifiziert ein Dach-Investmentfonds auch dann als Aktienfonds, wenn er nach seinen Anlagebedingungen verpflichtet ist, derart in Ziel-Investmentfonds zu investieren, dass fortlaufend die Aktienfonds-Kapitalbeteiligungsquote erreicht wird und die Anlagebedingungen vorsehen, dass der Dachfonds hierfür auf die bewertungstäglich von den Zielfonds veröffentlichten (zB. bei einem Finanzinformationsdienstleister wie WM Datenservice) tatsächlichen Kapitalbeteiligungsquoten abstellt (unmittelbare oder mittelbare Anlage in Kapitalbeteiligungen). Entsprechendes gilt für Dach-Mischfonds (mindestens 25% Kapitalbeteiligungen). WM-Datenservice bietet hierfür bereits entsprechende Felder an, die vom Zielfonds befüllt werden können und auf die der Dachfonds zugreifen kann. Voraussetzung für diese gesetzgeberische Erleichterung ist, dass der Zielfonds mindestens einmal pro Woche eine Bewertung vornimmt. Hierdurch sollen Gestaltungen vermieden werden, im Rahmen derer in Zielfonds investiert wird, die zB. nur einmal im Jahr eine Bewertung vornehmen und nur zu diesem Zeitpunkt eine hohe Kapitalbeteiligungsquote ausweisen.
- Höhere Mindestkapitalbeteiligungsquote in der Zielfondsdokumentation: Im Übrigen bleibt es bei dem Ansatz von Anteilen an Ziel-Aktienfonds nur iHv. 51% des Fondsanteilswertes als Kapitalbeteiligung (bei Ziel-Mischfonds iHv. 25% des Fondsanteilswertes, es sei denn, der Zielfonds weist in seinen Anlagebedingungen einen höheren Mindestkapitalbeteiligungsanteil als 51% (bzw. 25%) aus. In letzteren Fällen gilt der Ziel-Investmentfondsanteil im Umfang dieses höheren Prozentsatzes als Kapitalbeteiligung. Die Regelung ist nicht als Wahlrecht ausgestaltet, weil andernfalls nur bei positiven Investmenterträgen davon gebraucht gemacht würde. Die Teilfreistellung soll demgegenüber nach der Intention des Gesetzgebers einheitlich im Gewinn- und im Verlustfall angewendet werden.
- Bei Dach-Immobilienfonds sieht der Gesetzgeber nur die vorgenannte Erleichterung (höhere Mindestimmobilienquote gem. Zielfondsdokumentation vor. Ein Abstellen auf eine bewertungstäglich ggf. zur Verfügung gestellte tatsächliche Immobilienquote scheidet aus.
- In der Praxis ist davon auszugehen, dass Dachfonds bei der Auswahl ihrer Zielfonds darauf achten werden, dass die Zielfonds die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der o.g. Erleichterungen erfüllen. Umgekehrt werden sich auch vielen Zielfonds (zB. Aktien-ETFs), die für Dachfonds attraktiv sein möchten, an diesen Rahmenbedingungen ausrichten.
- Die Neuregelung betreffend Dachfonds soll ebenfalls auf Erträge, die dem Anleger nach dem Zeitpunkt der Zuleitung des Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung an den Bundesrat zufließen, zur Anwendung kommen.
- Verschärfung Missbrauchsvermeidung durch Cum/Cum-Geschäfte mit steuerbegünstigten Anlegern: Seit dem VZ 2016 regelt § 36a EStG, dass bei Aktienveräußerungen um den Dividendenstichtag, die Anrechnung der Kapitalertragsteuer auf vereinnahmte Dividenden nur möglich ist, wenn während einer Haltedauer von mindestens 90 Tagen ein bestimmtes Mindestwertänderungsrisiko vom Anleger getragen wird (Vermeidung sog. Cum/Cum-Geschäfte). Bestimmte steuerbefreite Anleger (zB. gemeinnützige Stiftungen) sind grundsätzlich von der Kapitalertragsteuer befreit. Der Gesetzgeber will durch Ergänzungen der Vorschriften zur Abstandnahme vom Kapitalertragertragsteuerabzug verhindern, dass steuerbegünstigte Anleger zur Vornahme von sog. Cum/Cum-Geschäften genutzt werden, ohne dass die Restriktionen des § 36a EStG eingreifen. Nach den geplanten Neuregelungen werden Dividenden an steuerbegünstige Anleger zunächst mit 15% Kapitalertragsteuer belastet, soweit die Erträge 20.000 Euro übersteigen und der Anleger nicht seit mindestens einem Jahr ununterbrochen wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien ist. Betroffene steuerbegünstigte Anleger können sich dann die einbehaltene Kapitalertragsteuer auf Antrag erstatten lassen, wenn sie dem Finanzamt die Voraussetzungen nach § 36a EStG hinsichtlich wirtschaftlichem Eigentum, Mindesthaltedauer und Mindestwertänderungsrisiko nachweisen. Die Regelung zur Anrechnungsbeschränkung soll bereits für den Veranlagungszeitraum 2018 zur Anwendung kommen.
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