Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 01.11.2016 einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (StUmgBG) vorgelegt. Insbesondere bei Sachverhalten in Staaten außerhalb der EU bzw. der Europäischen Freihandelsassoziation EFTA („Drittstaaten“) sollen neue Berichts- und Mitteilungspflichten für Steuerpflichtige und Banken eingeführt werden. Die Einhaltung dieser neuen Pflichten soll durch verschärfte Strafen und Kontrollmöglichkeiten der Finanzbehörden durchgesetzt werden. Durch die Einbeziehung der EFTA Länder (Island, Liechtenstein, Norwegen und Schweiz) richtet sich der Referentenentwurf vornehmlich auf klassische Offshore-Standorte außerhalb Europas, während innerhalb von EU zw. EFTA bereits durch den Informationsaustauch sowie durch Amts- und Rechtshilfe eine erhöhte Transparenz von Auslandsbeziehungen erreicht wird.
Neben der Gründung oder dem Erwerb von Betrieben oder Betriebstätten im Ausland und der Beteiligung an Unternehmen soll auch eine Anzeigepflicht eingeführt werden, sobald ein Steuerpflichtiger erstmals unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf die gesellschaftsrechtlichen, finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten einer Drittstaat-Gesellschaft ausüben kann. Eine Mitteilungspflicht soll auch für bestimmte Finanzunternehmen greifen, die Beziehungen eines Steuerpflichtigen zu Drittstaat-Gesellschaften vermittelt haben (§ 138b AO-Entwurf).
Flankiert werden die Maßnahmen mit der Aufnahme der Steuerhinterziehung unter Verwendung einer verdeckten Drittstaat-Gesellschaft in den Katalog der besonders schweren Steuerhinterziehung. Dadurch ist in solchen Fällen eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr möglich und die Strafverfolgungsverjährung erhöht sich von fünf auf zehn Jahre. Außerdem soll die Festsetzungsverjährung erst mit der Mitteilung der Drittstaat-Sachverhalte greifen und in bestimmten Fällen gehemmt werden. Dies kommt einer faktischen Aufhebung der bisherigen Verjährung gleich. Die Maßnahme ist abgesehen von weiteren rechtlichen Bedenken in Bezug auf die Aufbewahrungsfristen fragwürdig, sollte aber insbesondere in Bezug auf künftige Sachverhalte abschreckend wirken.
Der Entwurf hebt darüber hinaus das steuerliche Bankgeheimnis (endgültig) auf. Sammelauskunftsersuchen an Kreditinstitute sollen danach möglich werden. Diese Maßnahme ist gravierend und würde der Steuerfahndung ganz erheblich gesteigerte Ermittlungsbefugnisse zugestehen.
Als Reaktion auf die Veröffentlichung der sog. Panama-Papers möchte das neue Gesetzesvorhaben vor allem den Einsatz von Briefkasten-Firmen zum Zwecke der Steuerverkürzung erschweren (vgl. dazu TAXGATE Blog vom 08.04.2016 und 26.4.2016 sowie Elser/ Thiede: Die Briefkastengesellschaft aus deutscher steuerlicher Sicht, in: Börsen-Zeitung vom 07.04.2016, S. 2).
Sowohl für mittelständische Unternehmen wie für (steuerehrliche) private Kapitalanleger sollten sich generell keine unmittelbaren materiellen Verschärfungen aus den geplanten Neuregelungen ergeben. Generell ist jedoch zu empfehlen, bestehende Drittstaaten-Geschäftsbeziehungen im Hinblick auf die geplanten Meldepflichten zu überprüfen, selbst wenn bisher die entsprechenden Einkommen ordnungsgemäß deklariert wurden.
Für Steuerpflichtige, die sich trotz des immensen Drucks auch von Seiten der meisten Finanzinstitute in den bekannten Steueroasen nicht zu einer Nacherklärung durchringen konnten, wird das Netz nochmals enger geknüpft. In solchen Fällen bietet sich nach wie vor an, die Situation sorgfältig zu analysieren und ggf. entsprechende Schritte vorzubereiten.
Für Banken und Finanzdienstleister bedeuten die Vorschriften des StUmgBG eine nochmals gesteigerte Aufmerksamkeit bei Drittstaaten-Geschäftsbeziehungen ihrer Kunden, die allerdings bei vielen Instituten bereits durch Compliance Guidelines adressiert sein dürften. Dennoch sollten bestehende interne Kontroll- und Verhaltensrichtlinien ggf. an die erweiterten Meldepflichten angepasst werden.