Die allgemeine Rechtsgrundlage für den internationalen Informationsaustausch ist in § 117 AO kodifiziert. Diese Norm ist überschrieben mit der zwischenstaatlichen Rechts- und Amtshilfe in Steuersachen und verweist im Wesentlichen auf weitere Rechtsquellen, wie das deutsche Recht für die Inanspruchnahme zwischenstaatlicher Amtshilfe durch deutsche Behörden gegenüber ausländischen Behörden (§ 117 Abs. 1 AO), innerstaatlich anwendbare völkerrechtliche Vereinbarungen und Rechtsakte der Europäischen Union sowie das EU-Amtshilfegesetz für die Gewährung zwischenstaatlicher Amtshilfe deutscher Behörden gegenüber ausländischen Behörden (§ 117 Abs. 2 AO).

Bilaterale Abkommen: Auf Ersuchen

Bis zur Einführung des automatischen Informationsaustauschs war ein internationaler Informationsaustausch in Steuersachen bilateral in Doppelbesteuerungsabkommen geregelt. Dieser Austausch erfolgt regelmäßig nur auf Ersuchen einer inländischen Finanzbehörde an den Amts- bzw. Rechtshilfe gewährenden Staat.

Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Basis für die meisten deutschen und europäischen Doppelbesteuerungsabkommen ist das OECD-Musterabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung (OECD-MA). Der Informationsaustausch ist dort in Art. 26 OECD-MA geregelt. Darin ist der sog. große bzw. umfassende Informationsaustausch niedergelegt. Er ermöglicht den Austausch über Informationen betreffend Steuern jeder Art und Bezeichnung, die für Rechnung der Vertragsstaaten oder ihrer Gebietskörperschaften erhoben werden. Es können alle zur Durchführung des Abkommens und des innerstaatlichen Steuerrechts erforderlichen Daten ausgetauscht werden.

Der in der Praxis der Doppelbesteuerungsabkommen seltenere kleine Informationsaustausch sieht dagegen den Austausch von Informationen vor, die zur Durchführung nur des Abkommens selbst erforderlich sind. Dies ist der Fall, wenn die abkommensrechtliche Rechtsfolge vom Ergebnis der Auskunft abhängt, so etwa bei Fragen zur Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen oder zum Vorliegen einer Betriebsstätte. Die kleine Auskunftsklausel findet sich nur noch in älteren Doppelbesteuerungsabkommen.

Abkommen zum Informationsaustausch

Auch isolierte Abkommen zum Informationsaustausch enthalten in aller Regel den großen Informationsaustausch. Am 10.11.2015 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) ein Schreiben zur Anwendung der Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch (Tax Information Exchange Agreements – TIEA) veröffentlicht (IV B 6 – S 1301/11/10002, BStBl. 2016 I, 138). Die von Deutschland geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen bieten die Möglichkeit, behördliche Unterstützung durch Informationsaustausch auf Ersuchen im Einzelfall für Zwecke des Besteuerungsverfahrens oder des Steuerstraf- und Bußgeldverfahrens in Anspruch zu nehmen. Dieses Schreiben regelt Einzelheiten zur Zuständigkeit und Verfahrensfragen.

Der Inhalt und Aufbau der Abkommen entsprechen weitgehend dem OECD- Musterabkommen für Informationsaustausch in Steuersachen aus dem Jahre 2002. Ein spontaner oder automatischer Informationsaustausch ist hingegen in diesen Abkommen nicht vorgesehen.

Die Amtshilfe wird auf Ersuchen durch Übermittlung von steuerlich voraussichtlich erheblichen Informationen regelmäßig für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Versicherungssteuer, Erbschaftsteuer und die darauf erhobenen Zuschläge gewährt. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass Bedienstete der ersuchenden Vertragspartei in das Gebiet der ersuchten Vertragspartei einreisen und mit Zustimmung der von dem Ersuchen betroffenen Personen unmittelbar Einkünfte einholen sowie Dokumente einsehen können. Des Weiteren dürfen ausländische Bedienstete mit Zustimmung der ersuchten Vertragspartei bei steuerlichen Außenprüfungen anwesend sein.

Rechtshilfe, die nach diesen Abkommen gewährt wird, ist auf die Übermittlung von Informationen, die der Förderung eines Steuerstraf- oder Bußgeldverfahrens dienen, beschränkt. Dabei schließt die Rechtshilfe die Beschaffung der erbetenen Informationen durch die ersuchte Vertragspartei ein. Die ersuchte Vertragspartei bestimmt, inwieweit sie zur Aufklärung des strafrechtlich relevanten Sachverhalts strafprozessuale Maßnahmen, wie z.B. Durchsuchungen oder Zeugenvernehmungen anwendet.

EU-Amtshilferichtlinie und EU-Amtshilfegesetz

Das EUAHiG sieht sowohl Auskünfte auf Ersuchen als auch Auskünfte ohne Ersuchen vor. Vom Umfang her ist der umfassende Informationsaustausch vorgesehen, vergleichbar mit dem großen Informationsaustausch nach den Doppelbesteuerungsabkommen. In allen EU-Mitgliedstaaten gilt damit der große Informationsaustausch auch ohne Abkommen. Sämtliche EU-Mitgliedstaaten sind einander zur gegenseitigen Auskunftserteilung auf Ersuchen verpflichtet.

Auf europäischer Rechtsgrundlage fußt darüber hinaus ein automatischer Informationsaustausch für unter anderem Löhne und Gehälter, Aufsichtsratsvergütungen, bestimmte Lebensversicherungen, Renten und Mieteinnahmen.

Ein spontaner Informationsaustausch zwischen den EU-Mitgliedstaaten, den OECD-Mitgliedern, Singapur und Liechtenstein kann stattfinden über Informationen, die nach Einschätzung der lokalen Finanzbehörden für die Besteuerung im Heimatstaat des Steuerpflichtigen relevant sein kann. Informationen sind auszutauschen, wenn eine Steuerverkürzung, Gewinnverlagerung oder andere unberechtigte Steuervorteile vermutet werden.

Was folgt daraus?

Ein dichtes Netz von unterschiedlichen Informationsaustauschsystemen ermöglicht es den Finanzbehörden, sowohl für strafrechtlich relevante Prüfungen als auch für reguläre Außenprüfungen in erheblichem Umfang Daten und Auskünfte aus dem Ausland zu erhalten und auszuwerten. Ihr TAXGATE Team aus erfahrenen Praktikern unterstützt Sie gerne bei Fragen zu diesem Themenbereich und bietet umfassenden Rechtsbeistand im Falle von kritischen Situationen, etwa bei unberechtigten Steueransprüchen, im Steuerstreit im Rahmen von Außenprüfungen oder bei Steuerstrafverfahren. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die vorbeugende Umsetzung eines internen Kontrollsystems (IKS) mit Tax Compliance Guidelines, die insbesondere für die Umsatzsteuer eine immer größere Bedeutung erlangen.

Dieser Betrag ist Teil einer Serie. Zu den weiteren Teilen gelangen Sie hier.

Dr. Frank Thiede ist Steuerberater bei der auf Transaktionen, Investments und Tax Compliance spezialisierten Steuerkanzlei TAXGATE.