Der neue Investmentsteuererlass ist seit Ende März 2017 als Entwurfsfassung im Umlauf und wurde den Verbänden zur Stellungnahme vorgelegt. Allein aus dem Umfang von über 50 Seiten lässt sich erkennen, dass es wohl immensen Klärungsbedarf zur Anwendung des InvStG ab 2018 gibt.

Eine erste Analyse zeigt, dass die Finanzverwaltung bereit ist, bei vielen Anwendungsfragen sachgerechte und praktikable Lösungen anzubieten. Der Systemwechsel zum 1.1.2018 ist mit der Einführung eines intransparenten Besteuerungsregimes für Publikums-Investmentfonds verbunden, wobei neben der Fondsebene auch beim Fondsanteilseigner Steuern erhoben werden können (vgl. dazu Elser/Thiede, NWB E+V 2016, S. 299 ff) und je nach Fondsart und Gewinnverwendung völlig unterschiedliche Belastungseffekte entstehen. Kern der Reform ist neben der künftigen eigenständigen, partiellen Körperschaftsteuerpflicht des Investmentfonds, die fallweise Entlastung des Anlegers durch Teilfreistellungen im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzugs bzw. in der Veranlagung.

Der Frage, wann eine Teilfreistellung anzuwenden ist, kommt also für die effektive Rendite einer Fondsanlage künftig zentrale Bedeutung zu. Exemplarisch sei dies anhand der Teilfreistellung von Aktienfonds aufgezeigt: Der Teilfreistellungssatz beträgt hier 30% bei natürlichen Personen mit Anteilen im Privatvermögen; bei Anteilen natürlicher Personen im Betriebsvermögen 60% und sogar 80% bei Kapitalgesellschaften als Anleger. Ob ein Aktienfonds vorliegt, ist somit auf der Produktseite eine zentrale Abgrenzungsfrage, die sich nicht in allen Fällen so leicht allein aus der gesetzlichen Grenze von mindestens 51% Kapitalbeteiligungsquote ableiten lässt. U.a. folgende Punkte sind im Einzelnen zu regeln:

  • Wie bestimmt sich fortlaufend die Aktienbeteiligungsquote, welche aktiven und passiven Grenzverletzungen sind unschädlich in Bezug auf die Qualifikation als Aktienfonds?
  • Wie wirken sich Absicherungsgeschäfte aus?
  • Wie werden künftig synthetisch replizierende Fonds (zB. ETFs) eingestuft?
  • Wie wird die Kapitalbeteiligungsquote bei Dach-Investmentfonds ermittelt?

Aktienbeteiligungsquote

Die Einstufung als Aktien- bzw. Mischfonds ergibt sich zunächst aus den Anlagebedingungen, wobei die Quote fortlaufend einzuhalten ist und der Fondsmanager gehalten sein soll, die entsprechende Vermögensallokation nachhaltig zu erfüllen. Bei signifikanten und dauerhaften Verletzungen der Anlagebedingungen verliert der Fonds seinen Status. Das BMF lässt jedoch bei kurzfristigen Unterschreitungen der Vermögensgrenzen in bestimmten Fällen zu, dass solche „Grenzverletzungen“ steuerlich unbeachtlich sein sollen. Diese Lösung ist praktikabel, da zumindest unbeabsichtigtes Unterschreiten der Vermögensgrenzen aufgrund von Wertänderungen unschädlich wäre. Diese Flexibilität ist insbesondere bei kaum vorhersehbaren hohen Kursverlusten sehr wichtig. Allerdings soll der Fondsmanager dann „mögliche und zumutbare Maßnahmen“ ergreifen, um die erforderliche Quote wieder zu erreichen. Hier sollte auf Seite der KVG ein Compliance-Mechanismus installiert werden, der im Falle einer späteren Außenprüfung eine entsprechende Dokumentation vorhalten kann.

Absicherungsgeschäfte

Nach Auffassung des BMF sind Absicherungsgeschäfte für das Vorliegen eines Aktienfonds unschädlich. Dies folgt aus dem Umstand, dass Sicherungsgeschäfte keine Auswirkungen auf die Steuerbelastung von Einnahmen aus Kapitalbeteiligungen haben. Es bleibt abzuwarten, wie sich dies auf das Produktdesign auswirkt, wenn ein hoher Anreiz besteht, die Teilfreistellung für Aktienfonds zu erhalten und Fonds über die Zusammensetzung von Aktien und Sicherungsgeschäften letztendlich auch die Risiken anderer Asset-Klassen darstellen können.

Synthetisch replizierende ETF

Bei börsengehandelten Indexfonds (exchange-traded funds), bei denen die Indexnachbildung synthetisch über Swapgeschäfte erfolgt, soll nach der Auffassung des BMF keine Aktienfondsqualifikation möglich sein. Dies wäre eine signifikante Benachteiligung solcher Anlagen, die mit der Systematik des Gesetzes nicht im Einklang steht. Denn auch bei diesen Investments, die wirtschaftlich zweifelsohne Aktienfonds sind, besteht eine ertragsteuerliche Vorbelastung, da letztendlich unter dem Swap nur eine um die Kapitalertragsteuer reduzierte Dividende geliefert werden kann. Es wäre daher zu begrüßen, wenn dies im weiteren Verlauf der Reformumsetzung berücksichtigt würde und damit wirtschaftlich sinnvolle und überaus erfolgreiche Anlageformen nicht willkürlich benachteiligen würden. Bei der Strukturierung von ETF sollten hingegen vorsorglich die derzeit absehbaren Rechtsfolgen beachtet werden, solange sich eine Nachbesserung nicht abzeichnet.

Dach-Investmentfonds

Als Dachfonds (fund of funds) werden Investmentfonds bezeichnet, die überwiegend in andere Investmentfonds anlegen. In Bezug auf die effektive Steuerbelastung der Fondsanlage stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen ein Dachfonds Teilfreistellungen in Anspruch nehmen kann. Nach aktuellem Gesetzeswortlaut werden auf Ebene des Dachfonds Investmentanteile an Ziel-Aktienfonds nur zu 51% ihres Wertes als privilegierte Kapitalbeteiligungen angesehen (selbst wenn der Zielfonds zB. ausschließlich in Aktien investiert). Danach käme ein Dachfonds nur dann in den Genuss der Aktienteilfreistellung, wenn er seinerseits nahezu vollständig in Aktienfonds bzw. andere Kapitalbeteiligungen investiert wäre. Bereits eine Liquiditätsreserve wäre schädlich. Dieses Ergebnis ist nicht sachgerecht, da eine steuerliche Benachteiligung nur aufgrund einer Dachfondsstruktur entstehen würde.

Das BMF wird dagegen voraussichtlich diese strenge Auslegung abmildern, da für die Kapitalbeteiligungsquote von Dachfonds auf die Anlagebedingungen der Ziel-Investmentfonds zurückgegriffen werden kann. Darüber hinaus soll es nicht zu beanstanden sein, wenn beim Dachfonds die tatsächlichen, bewertungstäglich veröffentlichten Kapitalbeteiligungsquoten für die Ermittlung der Teilfreistellungsvoraussetzungen zu Grunde gelegt werden. Für die Manager von Dachfonds stellt sich damit die Herausforderung einer laufenden Überwachung von nachgelagerten Beteiligungsquoten bei ihren Zielinvestments, um mögliche steuerliche Vorteile nicht zu gefährden. Bei der Strukturierung von Dachfonds sollten daher Anlagebedingungen und Zielinvestments so gewählt werden, dass die Voraussetzungen für die Aktienteilfreistellung auch bei Wertschwankungen bzw. Änderung der Kapitalbeteiligungsquoten bei den Ziel-Investmentfonds erreicht werden können.

Ihr Investment Tax  Team hat die neuen Anwendungsregeln zur Reform der Investmentbesteuerung umfassend analysiert und steht Ihnen ergänzend mit Experten im Investment- und Aufsichtsrecht sowohl bei der Umsetzung der Reform, als auch bei der Fondsstrukturierung für institutionelle und private Anleger jederzeit zur Verfügung.

Ansprechpartner:

Dr. Thomas Elser                    Tobias Stiegler                       Dr. Frank Thiede

Weiterführende Literatur:

  • Elser/ Thiede, BMF eröffnet Möglichkeit zur Korrektur der Strafbesteuerung bei Fondsinvestments – Reaktion auf EuGH (Rs. C-326/12) – Anleger sollten Möglichkeiten der Steuerreduzierung prüfen, in: NWB Erben + Vermögen Heft 03/2015, S. 104

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