Der Zinssatz von 6% p.a. schien im Steuerrecht lange Zeit wie in Stein gemeißelt. Schmerzlich war über einen sehr langen Zeitraum insbesondere der Zinssatz bei Steuernachforderungen etwa aufgrund einer Betriebsprüfung oder im Nachgang zu einer Nacherklärung bzw. eines Steuerstrafverfahrens. Mit einer scheinbar sicher sprudelnden Quelle von steuerlichen Nebenleistungen konnte der Fiskus mit den Kernnormen der §§ 233a iVm. 238 AO auch in Zeiten von anhaltend niedrigen Zinsen am Geldmarkt enorme Einnahmen erzielen. Erste kritische Stimmen der hohen Zinsen von konstant 6% verhallten bei der Gesetzgebung nahezu ungehört.
Der BFH hat allerdings mit seinem Beschluss vom 3.9.2018 (VIII B 15/18) zum zweiten Mal verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe des Zinssatzes proklamiert (vgl. davor BFH vom 25.4.2018, IX B 21/18).
Was folgt aus diesen Rüttelurteilen des obersten deutschen Finanzgerichts?
Betroffene Steuerpflichtige sollten unbedingt entsprechende Rechtsmittel einlegen. Das BMF gewährt lt. Schreiben vom 14.6.2018 Aussetzung der Vollziehung. Aufgrund des og. BFH-Beschlusses wird dies mittlerweile auf Zeiträume ab April 2012 ausgedehnt (BMF vom 14.12.2018).
Letztendlich wird das BVerfG erneut entscheiden müssen, nachdem es eine ähnliche Verfassungsbeschwerde für frühere Jahre abgelehnt hatte (BVerfG vom 3.9.2009, 1 BvR 2539/07). Der fortgesetzte Angriff auf die hohe steuerliche Verzinsung hat möglicherweise auch bald Auswirkungen auf die Gesetzgebung, mit der eine steuerliche „Zinssenkung“ erfolgen könnte (vgl. zB. Änderungsantrag der FDP, BT-Drucks. 19/5613).